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Von Tisch zu Tisch: Al Contadino Gambas mit Kaffeesauce

Das Ambiente im „Al Contadino sotto le Stelle“ ist genauso, wie ich es eigentlich nicht mag: heiß, stickig, überfüllt. Man hört den fremden Nachbarn besser als das vertraute Gegenüber, muss schreien, um eine Unterhaltung halbwegs aufrecht zu erhalten.

Das Ambiente im „Al Contadino sotto le Stelle“ ist genauso, wie ich es eigentlich nicht mag: heiß, stickig, überfüllt. Man hört den fremden Nachbarn besser als das vertraute Gegenüber, muss schreien, um eine Unterhaltung halbwegs aufrecht zu erhalten. Das hatte zur Folge, dass die beiden Männer am Nebentisch irgendwann unser Thema aufgriffen. Noch später boten sie uns an, von ihrem Essen zu kosten. Es ist ein überwiegend akademisch wirkendes Publikum, was sich Tuchfühlung mit Fremden zu kräftig gesalzenen Preisen gönnt. An der nachtblauen Decke prangen goldene Sterne und ein Halbmond, hoch oben in die Wand ist ein Marienaltar eingelassen, davor eine brennende Kerze. Man sehnt sich irgendwann danach, ein Bauer auf dem Feld zu sein und unter kühlen Sternen kräftig durchatmen zu können.

Die Tische sind immerhin ordentlich gedeckt, auf karierten Tischdecken liegt fettabweisendes Papier. Das Personal arbeitet konzentriert und hochprofessionell, der Chef selber dirigiert und greift auch schon mal mit ein. Ich habe oft darüber nachgedacht, warum solche Restaurants beim Publikum so beliebt sind. Wahrscheinlich weil sie einem das Gefühl geben, dazuzugehören, Teil einer Gemeinschaft zu sein. Italiener haben es besonders gut heraus, neben dem Gaumen auch die Seele zu streicheln, das ist wohl Teil ihres Erfolgs.

Der andere Teil ist das Essen. Und das ist wirklich exzellent. Schon das Brot zum exquisiten Olivenöl ist frisch gebacken und schmeckt köstlich. Das Carpaccio vom geräucherten Schwertfisch hat einen angenehm kräftigen, aber nicht aufdringlichen Geschmack, der sich wunderbar abhebt von dem Artischockenbett, das herrlich zitronig schmeckt und ohne jede Spur von Holzigkeit auskommt (13,50 Euro). Das ist wirklich mal eine leichte, elegante Vorspeise, die lässig darüber hinweg tröstet, dass der Prosecco etwas mühselig moussiert. Da haben wir schon spritzigere Aperitifs getrunken.

Absolut genial waren die hausgemachten Nudelhalbmonde, die mit frischen Artischocken und Ziegenkäsesauce gefüllt waren. Die auf der Zunge zu haben, war ein sinnliches Erlebnis, dazu der wunderbare Geschmack (13,50 Euro). Nach Eigenaussage basieren die Pastagerichte auf alten Rezepten aus der Basilikata.

Dass die drei großen Gambas in ihrer Schale aufgetragen wurden, hätte ich mir fast denken können. Das gehört einfach zu dieser Art von Ambiente. Komischerweise nahmen die toleranten Nachbarn überhaupt keinen Anstoß daran, dass bei meinen Versuchen, die Schale zu lösen, natürlich auch ein bisschen was von der dazugehörigen Kaffeesauce durch die Gegend spritzte. Davon abgesehen, ist es ein origineller Gedanke, Gambas mit Kaffeesauce zu kombinieren. Das schmeckt sogar gut (26,50 Euro).

Das geschmorte Kaninchen war recht zart und mit Apfelstücken und Salamischeiben fruchtig kräftig zubereitet (24,50 Euro). Die raffinierte Art, Gerichte fein und gleichzeitig so zuzubereiten, dass man sie spüren kann, ist vermutlich der Schlüssel zum Erfolg. Wir erlebten, wie eine Gesellschaft sich in höchsten Tönen beim Chef für die Genüsse bedankte, obwohl sie dafür doch nicht zu knapp zur Kasse gebeten worden waren.

Die Dessertkarte bietet auch eine schöne Auswahl an süßen Dessertweinen, sogar solchen um die sechs Euro. Der sizilianische Passito di Pantilleria drängt sich als Nachtisch wirklich auf, wenn man sich mit so viel Lust satt genudelt hat (6 Euro). Allerdings ist auch das Halbgefrorene, Semifreddo Torrone, köstlich, nicht süß, aber trotzdem reich an Geschmack (7 Euro).

Die Weinkarte hat eine gute Auswahl an offenen Weinen, hält für sehr gehobene Feiern Entsprechendes bereit, und ist auch im unteren Preissegment fit. Der unkompliziert fruchtige sardische Rosé, ein 2006er von Serralori, passte jedenfalls perfekt zu dieser Art von kräftig feiner Küche. Nachdem wir uns dann rausgeschlängelt hatten und tief Luft holten unter den nächtlichen Sternen, fragten wir uns, warum die nicht einfach mal anbauen. Bei gutem Wetter kann man immerhin draußen sitzen.

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