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Von TISCH zu TISCH: Fritz 101

Pommes Frites aus Süßkartoffeln.

Das Restaurant Fritz 101 ist nicht das, was es auf Anhieb zu sein scheint. Man kommt vorbei, sieht viel Holz an den Wänden, blanke, lange Holztische mit Bänken und ein paar Stühlen. Altmodische Lampen baumeln unter der Decke, und an den Wänden hängen goldgerahmte Stillleben mit Blumen. So stellt man sich in Kansas City, in Adelaide und Johannesburg wohl das gute alte Deutschland vor. Natürlich steht auf der Karte Eisbein mit Sauerkraut. Bitte, ein klarer Fall für die Touristengruppen auf der Suche nach dem wahren Berlin, angereichert mit ganzjähriger Oktoberfestgemütlichkeit. Die Bierkrüge stehen schon gut gefüllt auf den Tischen. Grassierender Frohsinn hat den Geräuschpegel in die Höhe getrieben. Bloß weg hier, ist der erste Impuls.

Kenner der Szene mögen einen Moment verharren, denn sie entdecken unter der Folklore noch Spurenelemente des San Nicci, jenes Edelitalieners, mit dem Borchardt-Chef Roland Mary einst den Appetit von Filmcrews und Society-Flaneuren bediente. Zwischen Grill Royal und Bocca di Bacco konnte sich das San Nicci am Ende nicht behaupten. So kam etwas ganz anderes, das offensichtlich richtig gut läuft.

Der altdeutsche Moder fehlt, der sonst an solchen Gasthäusern oft nervt, das ist schon mal sehr angenehm. Dicke Kerzen, ein Nelkenstrauß auf der nostalgisch hergerichteten Theke, alles wirkt, wie mit einem Augenzwinkern für das authentische Old-Germany-Erlebnis entworfen, fast wie eine Filmkulisse. Zwischen den bierseligen Bänken wuseln vielsprachige Studenten hin und her, aber auch hochprofessionelle Fachkräfte. Es gibt nicht nur Berliner Weiße in verschiedenen Geschmacksrichtungen (Walderdbeere! Sauerkirsch!), sondern glücklicherweise auch kalten Prosecco.

Die eigentliche Überraschung kommt beim Essen. Denn die üblichen Klassiker sind hier erstaunlich gut zubereitet. Der Krautsalat im Land der Krauts schmeckt wunderbar knackig, kein bisschen wässerig und war mit frisch gebratenen Speckwürfeln zubereitet (3,50 Euro). Die Gurkensuppe ist in einem malerisch mit Schnittlauchröllchen bestreuten tiefen Teller angerichtet, mit einer guten Portion Flusskrebsfleisch im Bauch (6,50 Euro). Drei kleine Lady Bio Burger, jeder 60 Gramm schwer, werden auf verschiedene Weise interpretiert, einmal klassisch, einmal mit Käse und einmal mit BBQ-Sauce.

Am besten freilich sind die Süßkartoffel-Pommes-Frites dazu, eine krosse, unfettige Köstlichkeit, auf die man hier auch sichtlich stolz ist. Ob wir so was schon mal probiert hätten, fragt die kompetente Kellnerin im Holzfällerhemd triumphierend. Hatten wir schon mal, wiederholen wir aber gerne öfter. Gut zu wissen, dass es das hier gibt. Auf Nachfrage bekommen wir eine Extraportion und eine Riesenflasche Ketchup dazu.

Auch das Backhendl vom Freilandhuhn ist tadellos. Zwei wunderbar kross panierte zarte Geflügelstücke auf einem Bett von schlichtem, aber gut zubereiteten Tomatensalat. Dazu ein leichter, gelungener Basilikum-Limonendip (12,50 Euro). Zur Biocurrywurst gibt es ebenfalls die guten Pommes Frites aus Süßkartoffeln und dazu frischen Kopfsalat (7,90 Euro). Hier wird das Bild der schweren deutschen Küche gekonnt modifiziert, eigentlich eine perfekte Geschäftsidee.

Bei den „Süßen Sachen“ lockt vor Apfelstrudel und Kaiserschmarrn die „Berliner Luft“ auf Himbeersauce, konzentriert zu einem weißen Pudding, nicht unähnlich einer gestockten Zabaione, nur zitroniger. Kann man definitiv gut essen (4,50 Euro). Dem Augenschein nach sind Würscht’l-Platte und Vesperbrotzeit hier besonders beliebt, sogar bei den an warmes Essen gewöhnten Asiaten. Neben einer guten Auswahl an Bieren gibt es auch eine kleine Selektion an Weinen, zum Beispiel den 2011er Rheingau Riesling von Kloster Eberbach, der gut zu dem kräftigen Essen passt (27 Euro).

Dass die Berliner Society nun ganz ausgeschlossen ist von den moderat deftigen Spezialitäten, die hier serviert werden, kann man gar nicht sagen, denn so ähnlich wird manches auch auf großen Ereignissen mit einschlägigem Borchardt-Catering serviert.

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