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It's cool, man?

© promo

Jimmy-Fairly-Brillen: Die Dekokirsche

Wer eine Brille von Jimmy Fairly kauft, spendet gleichzeitig eine nach Indien. Damit lässt sich Geld verdienen.

Sasha Bostoni und Antonin Chartier wirken nicht wie selbstlose Weltverbesserer. Die Mittzwanziger tragen schmale, modische Sakkos, teure Schuhe, machen klare Ansagen, wo und wann ihre Security-Männer und Models zu sein haben. Die Macher der französischen Brillenmarke Jimmy Fairly feiern die Eröffnung ihres ersten Shops im Pariser Viertel Marais, und Scharen junger, gut aussehender Menschen warten in Reih und Glied, um einen Blick in den winzigen Laden zu werfen.

„Die Leute lieben das Konzept. Wir beweisen, dass cooles Design und perfekte Qualität zu einem fairen Preis möglich sind“, erklärt Bostoni und ergänzt: „Unsere Generation interessiert sich sehr dafür, wo und unter welchen Bedingungen Produkte hergestellt werden.

Es geht immer stärker um Nachhaltigkeit und Transparenz.“ Das besagte Konzept, das 2011 im Internet startete, heißt „Buy One Give One“: Für jede verkaufte Sonnen- oder Korrektionsbrille spendet Jimmy Fairly eine Sehhilfe an die Wohltätigkeitsorganisationen „Voir la Vie“ in Guinea, „Peubles d’Hymalayain“ Indien oder „Emmaüs Solidarité“ in Frankreich. Alle drei haben einen Schwerpunkt im Bereich Sehbehinderungen. Bedürftige erhalten Brillen, zusätzlich prüfen spezialisierte Ärzte die Augen und führen Operationen aus.

Aus pragmatischen Gründen erhalten die Menschen robustere Modelle als die modische Jimmy-Fairly-Kundschaft. Im Himalaja etwa werden wegen der Lichtverhältnisse zusätzlich vor allem Sonnenbrillen zur Verfügung gestellt. „Unsere Kunden mögen den Look, der gute Zweck ist die Dekokirsche auf dem Kuchen“, sagt Sasha Bostoni. Er und sein Partner lernten sich auf einem Start-up-Kongress für nachhaltige Unternehmen kennen, ein Investor ermöglichte den Aufbau ihrer Marke, die Gutes tun und am Preisgefüge des Brillenmarkts rütteln will: „Ich habe mich über die unverschämten Margen geärgert“, erklärt Chartier. „Unsere Brillen werden in Italien gefertigt, die Gläser stammen aus Frankreich – die Brille kostet 95 Euro inklusive Lieferung und Rückversand. Dafür machen wir doch gern Abstriche bei unseren Gewinnen.“ Nach nur einem Jahr kommen Bestellungen aus der ganzen Welt, im Juli geht der deutsche Shop online.

Jimmy Fairly steht damit für eine ganze Reihe junger Marken, denen es um die Vereinbarkeit von Gewinn und sozialer Verantwortung geht. Vernetzt und trendbewusst repräsentieren Gründer und Kundschaft eine Gruppe, die „Trendwatching“, ein Blog für innovative Businessideen, kürzlich als Generation „G“ bezeichnete – G für „generosity“, Großzügigkeit.

Das deutsche Label Red Boto oder Figs, ein amerikanischer Hersteller von Luxuskrawatten, spenden einen Teil ihrer Gewinne für Schuluniformen und ermöglichen damit Kindern in Afrika den Besuch einer Schule. Die „Buy One Give One“-Marke Warby Parker spendet wie Jimmy Fairly Brillen für Bedürftige.

Vom Idealismus allein müssen die Marken dabei längst nicht mehr leben. Die Produkte beruhigen nicht nur das Gewissen, sie kommen bequem per Internetklick, sind schick und trendy. Die überzeugte Kundschaft sorgt für wachsende Umsätze, immer mehr Venture Capital Unternehmen entdecken die sozialen Businessmodelle als profitable Geldanlage.

Über Umsätze im Millionenbereich kann sich der Amerikaner Blake Mycokie freuen, einer der Vorreiter der „Buy One Give One“-Bewegung. Seit 2006 animiert sein Schuh-Label Toms zum Einkaufen für die gute Sache. Das Sortiment umfasst mittlerweile mehrere hundert Modelle. Auf seinen Reisen sah der Globetrotter immer wieder Kinder, die ohne Schuhe herumliefen, und wollte etwas tun. Er entwarf einen stabilen Leinenschuh mit Ledersohle, der an spanische Espadrilles erinnert, und startete sein Charity-Imperium. Die Modelle sollten nicht nur die westliche Kundschaft überzeugen, sondern auch im Alltag der Kinder, in Slums und Favelas, funktionieren.

Pro verkauftes Paar spendet Toms seither ein Paar im selben Design an bedürftige Kinder in über 20 Ländern, unter anderem in Argentinien, Malawi und Äthiopien. Seit Firmengründung wurden über eine Million Schuhe verkauft, die gleiche Menge wurde gespendet.

Das Internet spielt eine entscheidende Rolle in den Strukturen der neuen Charity-Unternehmen wie Toms und Jimmy Fairly. Dank der Direktheit des Mediums können sie schnell neue Produkte präsentieren, ihr Markenimage darstellen und über die beteiligten NGOs informieren. Statt für Hilfsprojekte zu spenden, deren bürokratische Organisationsstrukturen nicht selten einen Großteil der Gelder fressen, ist diese Art des Spendens unverbindlich, schnell und vor allem unkompliziert.

Romy Uebel

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