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In Kopenhagen gefeiert. Auch die Kollektion für Herbst/Winter 2012 kam in der Heimatstadt des Labels Spon Diogo gut an.

© promo

Mode aus Kopenhagen: Flucht aus der Idylle

Für das dänische Label Spon Diogo ist Berlin nur eine Zwischenstation. Das Ziel ist Paris.

Was bewegt ein preisgekröntes dänisches Designerduo dazu, nach Berlin zu ziehen? Die günstigen Mieten? Die aufblühende Modebranche? Die wirtschaftliche Bedeutung des deutschen Marktes? Nein, viel einfacher: „Wanderlust“, sagen Mia Lisa Spon und Rui Andersen Rodrigues Diogo. Der Umzug war kein strategisch geplanter Schritt, um ihr gemeinsames Label Spon Diogo voranzubringen. Sie waren einfach auf Wohnungssuche, in Berlin hatten sie Kontakte, mochten die Atmosphäre, und außerdem war ihnen die „Kleinstadt“ Kopenhagen zu eng geworden. So arbeiten sie nun seit über einem Jahr in einer kargen, aber geräumigen Altbauwohnung an der Chausseestraße. Idyllisch ist es dort nicht; um einander zu verstehen, muss man die Fenster schließen. Aber die Idylle haben sie auch nicht gesucht. Zu geschmackvoll sei ihnen Kopenhagen gewesen, sagt Rui Diogo. Das klingt nicht unbedingt nach einem zwingenden Umzugsgrund – aber er meint damit: zu langweilig, zu durchschnittlich. Diese Eigenschaften vermeiden die beiden auch in ihren Kollektionen. Ihre Entwürfe sind zwar grundsätzlich klar und modern, aber weder glatt, noch gefällig. Sie bekennen sich zur Avantgarde, experimentieren mit mehrlagigen Strukturen, dem Spiel von Ent- und Verhüllung sowie raffiniert verschränkten Front- und Rückenpartien. Von den tastenden Versuchen, die man von einem noch recht jungen Label – Spon Diogo gibt es erst seit 2008 – erwarten könnte, ist hier nichts zu spüren. Das hat Gründe: Als Spon und Diogo zusammenfanden, hatten sie schon jahrelang in der Mode- und Designbranche gearbeitet und besaßen klare Vorstellungen, sowohl was den Qualitätsanspruch ihrer Kollektionen anging, als auch, wie sie strategisch vorgehen mussten. „Für das, was wir wollen, ist der dänische Markt zu klein. Wir haben von Anfang an international gedacht“, sagt Spon. Das konnte nur heißen: Sie mussten nach Paris. Nur dort konnten sie die Einkäufer treffen, die sich für ebenso ambitionierte wie teure Entwürfe interessieren und auch kleine Avantgardelabels ernst nehmen. Modenschauen in Kopenhagen, wo sie früh gefeiert wurden, sorgten für willkommene Aufmerksamkeit, waren aber hauptsächlich ein Testlauf für den großen Auftritt in Paris. Dort sind die beiden mittlerweile Stammgäste auf den Modewochen. In exklusiven Showrooms präsentieren sie ihre Kollektionen, einmal organisierten sie bereits eine eigene Schau. Der professionelle Reiz der Wahlheimat Berlin war hingegen begrenzt. Die hiesige Fashion Week ist ihnen zu sehr auf den deutschen Markt beschränkt, zu sehr auf die Lokalprominenz in der ersten Reihe fixiert. Auch angesichts der finanziellen Konditionen, des ungünstig frühen Termins und der Tatsache, dass die für sie wichtigen Einkäufer sowieso nach Paris kommen, lohnte sich eine Modenschau hier einfach nicht.

Auf ihr Schaffen hat das Leben in Berlin aber doch abgefärbt. „Wir machen jetzt eine Sportswearkollektion“, sagt Spon ironisch. Künstlerische Kompromisse haben die beiden nicht gemacht, ihr Repertoire aber um ein paar sportive Elemente erweitert. Denn der Anspruch ist geblieben: In ein paar Wochen wieder in Paris in der ersten Modeliga mitzuspielen. Irgendwann wollen sie dorthin übersiedeln. Auch wenn es bei ihnen derzeit wie bei einem typischen Nachwuchslabel aussieht und im Hinterzimmer die halbfertigen Kollektionsteile neben einer Nähmaschine auf Kleiderstangen hängen: Das Ziel ist, nicht nur künstlerisch, sondern auch wirtschaftlich in Paris anzukommen, mit einem eigenen, größeren Unternehmen. Doch das kostet Geld. Daher suchen sie derzeit nach Investoren – weltweit natürlich. Berlin soll nur eine Zwischenstation bleiben.

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