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Der Designer Raf Simons bei der Anprobe. Szene des Kinofilms "Dior und ich".

© CIM/dpa

Mode im Kino: "Dior und ich": Lob des Handwerks

Die Doku „Dior und ich“ blickt hinter die Kulissen. Den großen Konflikt spart sie jedoch aus. Diese Woche kommt der Film in die Kinos.

Das Bild erzeugt gemischte Gefühle: Statt des Chefdesigners schließen einige Dutzend Handwerker und Näherinnen in weißen Arbeitskitteln die Dior-Show für die Herbstsaison 2011. So ausdrucksstark und feierlich die Szene auch wirkt, über das, was nur wenige Tage zuvor geschehen ist, kann sie nicht hinwegtäuschen: Nach einem öffentlichen Wutausbruch musste John Galliano nach 15 Jahren als Chefdesigner gehen.
Geschäftsführer Sidney Toledano wollte mit der Inszenierung zeigen, dass ein Modehaus wie Dior vor allem vom virtuosen Kunsthandwerk vieler emsiger Hände lebt. Auch der Dokumentarfilm „Dior und ich“, der nächste Woche (25. Juni) in die Kinos kommt, rückt die Arbeiterinnen und Arbeiter aus den Ateliers ins Rampenlicht: Nur vordergründig geht es in dem Film von Frédéric Tcheng um Christian Dior selbst und um Raf Simons, Gallianos Nachfolger. Es sind es vor allem die vielen Gesichter hinter den Kulissen, die dem Film Leben einhauchen. Ganz nah an deren Arbeit dokumentiert Tcheng die Entstehung der ersten Kollektion unter der Führung von Raf Simons.
In Schichtarbeit werden für die Haute-Couture-Linie Herbst 2012 unzählige Pailletten zu futuristisch anmutenden Blumenarrangements gestickt, alle Arbeiten per Hand verrichtet, Stoffe drapiert. Zusammen mit schwarz-weißen Archivaufnahmen aus den ersten zehn Jahren des Modehauses unter der Führung von Christian Dior und Zitaten aus seiner Autobiografie „Dior et moi“ entsteht so ein komplexes Wechselspiel aus den feingeistigen Memoiren des Modemachers und der stressreichen Realität der Haute-Couture-Produktion.

Regisseur Frédéric Tcheng wollte keinen Promo-Film machen

Raf Simons galt keineswegs als logische Wahl für die Position des Kreativdirektors. Mit dieser Kollektion versuchte sich der Belgier das erste Mal an der Haute Couture. Sein Stil sei zu minimalistisch und modern, hieß es zuvor, zumindest für den eleganten, träumerischen Stil des Labels, der auf das Ende der vierziger Jahre zurückgeht. Wie das zusammenpasst, erklärt Simons im Film: „In den fünfziger und sechziger Jahren hatten die Menschen eine romantische Vorstellung von der Zukunft. So geht es mir auch. Für mich ist nicht die Vergangenheit romantisch, sondern die Zukunft.“ Die Kombination von Tradition und Zukunftsvision ist ihm geglückt, da sind sich die meisten in der Mode einig. Trotz des unrühmlichen Abgangs von Galliano ist Dior mit einem glitzernden blauen Auge davongekommen. Das soll wohl auch der Film verdeutlichen. Frédéric Tcheng beharrt jedoch darauf, er habe vorher sehr genau definiert, dass „Dior und ich“ kein Promo-Film, sondern ein persönlicher Blickwinkel werden soll. „Das Unternehmen Dior hat versucht, so viel zu kontrollieren, wie es ihnen möglich war, und ich habe versucht, so viel zu kontrollieren, wie es mir möglich war“, sagt er bei der Berliner Premiere im Cinéma Paris und zitiert Roman Polanski: „Ein Film besteht aus den Kompromissen, die du nicht gemacht hast.“

Und doch irritiert es, dass all die Jahre zwischen Christian Dior und Raf Simons so gar keine Erwähnung finden, dass die vielen Designer vor Simons – allen voran John Galliano – kein Teil des Filmes sind. „Ich habe versucht, das Zentrum der Geschichte zu finden“, sagt Tcheng. „Im Film sollte es ausschließlich um den kreativen Prozess und die Arbeit in den Ateliers gehen.“ Eine Feier der perfekten Handwerkskunst also, der spannende Weg von der ersten Idee bis zur letzten Minute der Schau, das sei von Anfang an der Plan gewesen. Und der ist gelungen. Alles andere hätte Sidney Toledano sicherlich auch nicht gefallen. Es gehört zur Inszenierung, dass der Film nicht nur mit dem grandiosen Finale der Schau endet, sondern auch mit einem festen Handschlag zwischen Toledano und Simons.

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