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Modewoche in Kopenhagen: Klare Ansagen

Skandinavische Labels sind individuell, weil sie auch vor Kontrasten nicht zurückschrecken.

Die Modenschauen der Kopenhagener Fashion Week boten die Chance, sich in wenigen Tagen ein Bild von dem zu machen, was in Skandinavien und besonders in Dänemark modisch passiert. Zwei der interessantesten Kollektionen stellten Henrik Vibskov und das schwedische Label Minimarket vor.

Vibskov ist der unbestrittene Liebling der Kopenhagener Modeszene. Viele halten ihn für den großen Reformer, der in den vergangenen zehn Jahren der dänischen Mode ganz neue Horizonte eröffnet hat. Vibskov ist ein Multitalent: Er entwirft nicht nur Mode, er macht auch Kunst, Filme und Musik – unter anderem als Schlagzeuger für den dänischen Elektronik-Produzenten Trentemøller. Und nicht nur das! Der erste Eintrag auf seiner Homepage weist ihn als als Gewinner eines Breakdance-Wettbewerbs aus – im Alter von zehn Jahren.

Die Grenzen zwischen den einzelnen Gebieten seines künstlerischen Schaffens sind fließend. Seine Kollektionen wimmeln daher von Elementen, die nicht unbedingt ein großes Ganzes ergeben müssen, aber immer ein paar herausragende Einzelstücke besitzen. Er bewegt sich mühelos zwischen Streetwear und Avantgarde-Mode und ist ein Meister der Inszenierung: Seine Schauen sind ein Ereignis, oft erinnern sie an künstlerische Performances.

In Kopenhagen hatte Vibskov sich diesmal die schönste Örtlichkeit der Woche ausgesucht: Er zeigte auf einer hell erleuchteten Brücke, die einen See im romantischen Øresteds-Park überspannt. Seine Fans durften auch dabei sein, ein Teil der Tickets ging in den freien Verkauf. Wer dabei war, hatte doppelt Glück, denn am Abend von Vibskovs Show regnete es ausnahmsweise mal nicht.

Minimarket ging dem Wetterproblem aus dem Weg und zeigte seine Kollektion im Rathaussaal. Das Label gehörte zur nicht-dänischen Minderheit auf der Copenhagen Fashion Week. Dahinter stehen die drei Schwestern Sofie, Pernilla und Jennifer Elvestedt. Den Durchbruch schafften sie 2006, als sie als bestes Nachwuchslabel von der schwedischen „Elle“ ausgezeichnet wurden. Lange stand ihr Name vor allem für bunte, oft ironische Mode. Die neue Kollektion, die sie in Kopenhagen vorstellten, war deutlich zurückhaltender – aber nicht weniger überzeugend.

Dass sich die drei von Voodoo-Ritualen inspirieren ließen, konnte man vor allem an den Accessoires und Kopfbedeckungen sehen, die Kleider selbst fielen schlicht und subtil aus. Neben einfarbigen Teilen in Schwarz, Weiß und Pudertönen stachen die mehrfarbig bedruckten Stoffe heraus. Die waren in gebrochenen, zurückhaltenden Tönen gehalten, die an die Farbpaletten der fünfziger Jahre erinnerten. So dominierte letztlich eine edle, im besten Sinne konservative Grundstimmung.

Ansonsten war in diversen Interpretationen das zu sehen, was die skandinavische Mode ausmacht und deutlich von Designtraditionen anderer Regionen unterscheidet. Neben den allgegenwärtigen weich fallenden Tops und Kleidern fielen mutig konstruierte Silhouetten und oft stark kontrastierende Materialmischungen auf – oft mit Pelzoptiken und grobem Strick – und unverhohlene Anklänge an die lokalen Traditionen in Form von historisierenden Motiven und Schnitten.

Davon, dass diese Traditionen noch ein langes Leben vor sich haben dürften, konnte man sich bei der Studentenschau der renommiertesten staatlichen Modeschule des Landes Danske Designskolen überzeugen. Die Studierenden zeigten Entwürfe, die genau diese Themen – das Spiel mit Silhouetten und traditionellen Materialien – variierten. Und da sie noch nicht unter dem Druck des Marktes stehen, trat die Essenz der dänischen Mode hier besonders deutlich zutage. Jan Schröder

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