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Bobby Kollade will durchstarten. Mit seiner Abschlusskollektion nimmt er am Wettbewerb "Start Your Fashion Business" teil.

© Zeichnung: Uli Knörzer

Nachwuchs-Designer Bobby Kollade: "Ein Blazer für 39,99 Euro ist eine Lüge"

Bobby Kollade wollte nach Berlin um Architekt zu werden - nun ist er Designer und für den "Start Your Fashion Business"-Preis nominiert. Er will seine Mode in Deutschland produzieren, um so die heimische Textilbranche zu unterstützen.

Ich bin in Sudan geboren und in Uganda aufgewachsen. In der Schule trägt man dort eine Uniform. Für mich war das ein Segen, denn ich hatte nichts Besonderes zum Anziehen. Es gab aber Tage, an denen man ohne Uniform in die Schule gehen durfte. Davor bin ich immer zu einer Schneiderin gegangen, die auf ihrer Terrasse am Straßenrand gearbeitet hat, und habe mit ihr meine Sachen aufgemotzt, zum Beispiel alte Gürtel auf ein T-Shirt genäht. Das sah ziemlich merkwürdig aus, die Schneiderin hat sich köstlich amüsiert.

Lieber schräg als langweilig

Aber ich war ungefähr 14 und fand es besser, in etwas Schrägem herumzulaufen als in langweiligen Sachen. Ich wollte Architekt werden, weil mich Baustellen so faszinieren. Diese Ordnung in der Unordnung, toll! Im Sommer 2005 bin ich deswegen ganz naiv nach Berlin gezogen. Ich dachte, irgendetwas in die Richtung werde ich hier schon studieren können.

Designer auf der Baustelle

Als ich in Berlin ankam, war ich erst mal verwirrt: Ich hatte überall modernste Architektur erwartet! Verliebt habe ich mich trotzdem in die Stadt. Ich trug Mascara und einen monströsen Afro, hab’ Jungs geküsst und elektronische Musik entdeckt. 2006 habe ich angefangen, in Weißensee zu studieren. Dann bin ich für zwei Jahre nach Paris gezogen und habe für Martin Margiela und Balenciaga gearbeitet. Als Jungdesigner ist es leichter in Berlin. Der Markt ist noch am Wachsen. Man könnte sagen, wir befinden uns hier auf einer Baustelle, und ich liebe ja Baustellen.

Nichts für die Motten

Meine Abschlusskollektion ist gleichzeitig auch meine Debütkollektion. Ich entwerfe doch nichts, nur um im Keller damit die Motten zu füttern! Ich bin bereit, etwas zu sagen, und habe die Hoffnung, dass ich auf Neugier und Verständnis stoße. Meine Kollektion heißt „Things fall apart“, so wie ein Buch des afrikanischen Schriftstellers Chinua Achebe. Er war der Erste, der den Kolonialismus aus der Sicht eines Afrikaners erzählt hat. Auseinanderfallendes zusammenzuhalten ist die Kernidee der Kollektion und wird durch Elemente wie Gürtel und Manschetten dargestellt. Um Brüche zu schaffen, verwende ich unterschiedliche Materialien, vom Paillettenstoff bis zur ugandischen Baumrinde. Welcher Stoff für welches Teil? Dafür brauche ich eine Ewigkeit. Beim Entwerfen hatte ich das Bild einer bestimmten Art von Berlinerin im Kopf, die ich für ihre lässige Eleganz und Coolness bewundere.

Mach es "Made in Germany"

Als mich meine PR-Agentur anrief und mir erzählte, dass ich für den „Start Your Fashion Business“-Preis nominiert bin, war ich gerade mit meinem Fahrrad im Park unterwegs. Mann, hatte ich nach dem Telefonat gute Laune! Ich finde, es ist ein wichtiger Wettbewerb in Berlin. Es gibt so viele kreative Menschen hier, aber nur wenige können von ihrer Leidenschaft leben. Das Ziel von SYFB ist ja, junge Designer nachhaltig beim Aufbau ihres Labels zu unterstützten.

"Ein Blazer für 39,99 Euro ist eine Lüge"

Bis zur Show am Freitagabend muss ich noch viel bügeln. Das gehört neben dem Annähen von Knöpfen zu den Aufgaben, die ich am liebsten delegieren würde. Was ich mache, wenn ich gewinne? Das Geniale an dem Wettbewerb ist, dass man auch als Finalist einen gesunden Betrag bekommt. So oder so werde ich gleich weitermachen und meine Kollektion für den Showroom in Paris vorbereiten. Außerdem möchte ich mit meiner Mode in Zukunft die heimische Textilproduktion unterstützen. Es gibt wahnsinnig viele und tolle Herstellungsmöglichkeiten in Deutschland. Aber wir, also die deutschen Designer, haben zu große Angst vor dem Label „Made in Germany“, wegen der hohen Preise. Wir sollten anfangen aufzuhören, das Wort „billig“ mit Bekleidung zu assoziieren. Ein Blazer für 39,99 Euro ist eine Lüge.

Bobby Kolade hat im April sein Studium an der Kunsthochschule Weißensee beendet, jetzt nimmt er am Wettbewerb „Start Your Fashion Business“ teil. Hier erzählt er Lisa Strunz vom Anfangen.

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