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Angela Merkel während ihrer Neujahrsansprache 2015/2016.

© dpa

Merkels Neujahrsrede: Parteipolitik vor Zusammenhalt

Angela Merkel betonte in ihrer Neujahransprache "unseren Zusammenhalt". Dabei erweckt die Regierung den Eindruck, dass selbst in der Flüchtlingskrise Parteipolitik wichtiger ist. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Barbara John

Für Kanzlerin Angela Merkel kommt es im Jahr 2016 besonders „auf unseren Zusammenhalt“ an, wie sie in ihrer Neujahrsansprache betonte. Nun ist der Begriff Zusammenhalt von grandioser Unbestimmtheit. Wie, warum und wer sollte zusammenhalten, um welche Ziele zu erreichen? Konkret genannt wurden: die Generationen, soziale Gruppen, Alteingesessene und Neubürger. Dazu gehört irgendwie jeder und jede. Doch gerade sie verfügen, obwohl viele Verantwortung übernommen haben, nicht über Strukturen und Macht, um die derzeitige, historisch zu nennende Einwanderung und Integration von Flüchtlingen nach Deutschland zu bewältigen. Und genau darum geht es der Kanzlerin.

Aber ist es nicht in erster Linie der Staat, also Regierung und Parteien, die in der Flüchtlingsfrage an einem Strang ziehen sollten mit dem Ziel, Fluchtvermeidung zu unterstützen? Dazu allerdings müssten sie, voluminöser als je zuvor, Hilfen vor Ort in den Krisenregionen optimieren, statt Anreize zum Aufbruch nach Deutschland zu geben. Doch dazu fehlen Wille und Kraft.

So scheiterte erst kürzlich das zweite Asylpaket, beschlossen am 5. November 2015, mit dem, unter anderem, Registrierzentren mit Schnellverfahren für Asylbewerber eingerichtet werden sollten, die in ihren Herkunftsländern nicht bedroht sind. So beraten, beschlossen und nicht umgesetzt – wie kommt das bei Bürgern an, die freiwillig besser zusammenhalten sollen, wenn schon diejenigen versagen, die sich zur politischen Zusammenarbeit verpflichtet haben?

Der neue Vorstoß der CSU, Asylbewerber ohne Papiere nicht mehr einreisen zu lassen (wo gibt es überhaupt Grenzkontrollen zur Überprüfung?), mag überspitzt sein, aber das Anliegen dahinter ist berechtigt. Trotzdem wütet der Koalitionspartner SPD, und die CDU mosert. Doch jeder Insider weiß, dass die Herkunftsidentität oft verschleiert wird von denjenigen, die keine rechtlichen Gründe für ihren Bleibeantrag geltend machen können. Und ohne Pass keine Abschiebung. Die Thüringische Beauftragte für Integration und Flüchtlinge spricht von 80 Prozent Antragstellern, die keine Ausweispapiere bei sich haben, vor allem aus dem Westbalkan.

Was kommt beim Bürger an? Der Regierung ist, selbst in einer Krise, Parteipolitik wichtiger als Zusammenhalt.

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