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© Dominic Poncé

Charlottenburg: Boxen im Geisterbahnhof

Unter dem Adenauerplatz gibt es eine ungenutzte U-Bahnstation. Ein Sportverein möchte den Tunnel in einen Trainingsraum umbauen. Eine ungewöhnliche Idee - nur ein Vertrag mit der BVG fehlt noch.

Boxtrainer Udo Ziebarth hat eine Vision: Statt wie bisher nur in einer Schulturnhalle und einem kleinen Teil der Sporthalle am Steinplatz zu üben, sollen die 120 Amateursportler der „Ersten Breitensportgemeinschaft Boxen Berlin-Charlottenburg von 1976“ (BSG 76) endlich eine große Trainingsstätte bekommen. Der 51-jährige Vereinschef hofft dabei auf einen ungewöhnlichen Ort – er möchte einen Geisterbahnhof beleben. „Boxen & Kunst am Adenauerplatz“ heißt das Konzept, das Ziebarth und ein Kunstfachmann entwickelt haben. Nur ein Vertrag mit der BVG fehlt noch.

Von den verborgenen Räumen weiß kaum einer der vielen Fahrgäste, die am U-Bahnhof Adenauerplatz ein- und aussteigen. Ende der 70er Jahre hatte die BVG unter der Linie U7 einen zweiten Bahnsteig im Rohbau angelegt – für eine Verlängerung der heutigen U-Bahnlinie 1 zum Theodor-Heuss-Platz.

Ziebarth war einst Wettkampfboxer, ist Mannschaftsleiter beim Boxring Hertha BSC und Rechtswart des Berliner Boxverbands. Früher arbeitete er als Techniker bei der BVG und kennt dadurch den Geisterbahnhof. Etwa 250 000 Euro wären für den Umbau nötig, schätzt er. Geplant sind ein Boxring, Umkleidekabinen, Duschen und Schulungsräume.

Außerdem seien die großen Wände „ein idealer Ort für junge Berliner Künstler, um ihre Werke in Kooperation mit internationalen Künstlern zu präsentieren“, sagt der mit Ziebarth befreundete Kunsthändler und -historiker Thilo Holzmann. Er hat Kontakte zu Galeristen in einigen Ländern und denkt an Ausstellungen unter dem Motto „art meets underground“. Holzmann und Ziebarth glauben, dass sie den Umbau über Geldgeber aus der Kunstszene finanzieren können. Allein durch die Mitgliedsbeiträge in Höhe von nur 7,50 Euro pro Monat ließen sich die Kosten nicht decken. „Wir bekommen auch keine Zuschüsse“, sagt Ziebarth, der als lizensierter Trainer rein ehrenamtlich tätig ist.

Einen Fortschritt hat die BSG 76 jetzt erzielt: Das Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf erteilte ihr für den Geisterbahnhof eine sogenannte Befreiung vom Planungsrecht, die den Weg zur Umnutzung ebnet. Doch schon vor den Sportlern hatte sich ein Gastwirt 2008 an die BVG-Immobilienfirma Urbanis gewandt – um in der Tiefe eine Disco zu eröffnen. „Wir bearbeiten die Anfragen in der Reihenfolge, in der sie gestellt wurden“, sagt BVG-Sprecherin Petra Reetz. Mit dem potenziellen Disko-Betreiber gebe es einen Vorvertrag, er lasse zurzeit die bauliche Machbarkeit prüfen.

Vereinschef Ziebarth bleibt trotzdem optimistisch. Nach seiner Kenntnis lehne der Bezirk eine Disko an dieser Stelle ab, für die als Drogenhandelsplatz bekannte Gegend sei diese unverträglich. Dagegen widme sich der Boxverein besonders der Nachwuchsförderung und Gewaltprävention. Die Trainigsstätte solle auch Schülern aus der Umgebung offenstehen.

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