zum Hauptinhalt
Womöglich bietet sich Innensenator Frank Henkel (CDU) beim Thema Tempelhof Gelegenheit, mit seiner Partei politische Unabhängigkeit zu demonstrieren.

© dpa

Ehemaliger Flughafen: CDU will auf dem Tempelhofer Feld alles anders machen

Gegen die Pläne für die Randbebauung und die Landesbibliothek: Die Berliner CDU sucht beim Flughafengelände Streit mit Koalitionspartner SPD. Nur in einem Punkt sind sich die Koalitionäre einig.

Von
  • Sabine Beikler
  • Ulrich Zawatka-Gerlach

Jetzt kontert die CDU. Nachdem sich Innensenator Frank Henkel (CDU) in der Koalition mit seiner Forderung nach Räumung des Flüchtlingscamps nicht durchsetzen konnte, geht die Union vorerst auf Distanz zu den von SPD-Stadtentwicklungssenator Michael Müller vorgelegten Plänen für das Tempelhofer Feld. „Wir wollen dort einen Referenzstandort für eine Stadt von morgen und keine beliebige und banale Entwicklung“, sagte Stadtentwicklungspolitiker und CDU-Fraktionsvize Stefan Evers dem Tagesspiegel. Auf dem Feld solle ein ökologisch, sozial und energetisch qualitativ hochwertiger Standort entstehen. „Die Zeit müssen wir vernünftig nutzen. Es steht längst nicht alles fest“, sagte Evers.

SPD will "zurückhaltende Bebauung" des Flughafengeländes

Die Sozialdemokraten bestehen dagegen auf einer „zurückhaltenden Bebauung an den Rändern mit bezahlbarem Wohnraum“, wie SPD-Landeschef Jan Stöß am Mittwoch dem Tagesspiegel sagte. „Das braucht Berlin dringend.“ Außerdem solle das Areal für Sportvereine nutzbar gemacht werden, dafür seien wettkampfgerechte Sportstätten nötig. Die Organisatoren des Volksbegehrens stellten diese Pläne grundsätzlich in- frage, kritisierte Stöß. „Sollte das Quorum für einen Volksentscheid erreicht werden, wird die Berliner SPD die Auseinandersetzung offensiv führen.“

Einigkeit nur über Nutzung des Tempelhofer Felds als Park- und Grünfläche

Nach den deutlich zurückhaltenderen Reaktionen in der CDU befürchten die Sozialdemokraten aber, dass die Koalitionäre möglicherweise nicht gemeinsam gegen die Ziele der Initiative „100 Prozent Tempelhofer Feld“ kämpfen werden. Von einer „Retourkutsche der Union“ ist die Rede. Völlig einig sind sich SPD und CDU derzeit nur, dass die zentrale Freifläche als öffentlich nutzbare Park- und Grünfläche gesichert werden soll – auch aus stadtklimatischen Gründen. „Die Fläche ist größer als das Fürstentum Monaco“, betonte Stöß.

Die Union unterstützt zwar grundsätzlich eine Randbebauung mit Wohn- und Gewerberaum, allerdings im Rahmen einer „energetisch nachhaltigen“ Stadtentwicklung. Das könnte wegen der damit verbundenen hohen Kosten den Bau preisgünstiger Wohnungen ernsthaft gefährden. Und fast demonstrativ wohlwollend äußern sich CDU-Politiker seit Dienstag über die Initiatoren des Volksbegehrens gegen die bisherigen Planungen. Dem Vernehmen nach möchte die CDU das Ergebnis des Volksentscheids abwarten und dann noch einmal über den Masterplan diskutieren – inklusive der Nachnutzung des Flughafengebäudes.

Henkel favorisiert Volksentscheid für Tempelhof zur Europawahl

Aus Senatskreisen verlautet – auch das passt zum Bild – dass Innensenator Henkel den Tag der Europawahl am 25. Mai für den Volksentscheid favorisiert. Das würde eine zusätzliche Mobilisierung für die Tempelhof-Initiative erleichtern – nicht nur zum Verdruss von Stadtentwicklungssenator Müller. Auch in der SPD, so hört man, stößt der 25. Mai nicht auf große Begeisterung. Landeschef Stöß wollte sich zur Terminfrage am Mittwoch nicht äußern. Sollte der Volksentscheid stattfinden, ist es Sache des Senats, auf Vorschlag der Innenbehörde über den Abstimmungstermin zu entscheiden.

Im Stadtentwicklungsausschuss des Abgeordnetenhauses wurde die geplante Beratung über das Tempelhofer Feld am Mittwoch kurzfristig von der Tagesordnung genommen. „Das ist eine späte Auswirkung der Koalitionskrise von letzter Woche“, sagte Stadtentwicklungspolitikerin und Grünen-Fraktionschefin Antje Kapek. Sie hoffe nun auf die „Stimmen der Vernunft in der CDU“, die auch den Neubau der Zentral- und Landesbibliothek infrage stellten.

Landesbibliothek am Tempelhofer Feld – „Projekt der weiteren Zukunft”

„Die Bebauungspläne für das Tempelhofer Feld müssen noch einmal diskutiert werden“, forderte Kapek. In der rot-schwarzen Koalition ist der Neubau umstritten, obwohl sich beide Parteien im Koalitionsvertrag darauf geeinigt hatten. CDU-Fraktionsvize Evers und Haushälter Christian Goiny hatten in der Vergangenheit aber mehrfach auf „Finanzierungsvorbehalte“ hingewiesen und die Bibliothek am Rand des Tempelhofer Feldes als „Projekt der weiteren Zukunft“ bezeichnet. Dem Volksbegehren zu Tempelhof solle nicht vorgegriffen werden, hatte Evers noch im Dezember bei der Vorstellung der beiden preisgekrönten Architekturentwürfe für den Neubau gesagt.

SPD will große Fläche für Wohnungsbau nutzen

Auf Antrag von SPD, CDU und Grünen wird das Abgeordnetenhaus am Donnerstag in der Aktuellen Stunde über die Zukunft des Tempelhofer Feldes diskutieren. Der stadtentwicklungspolitische Sprecher der Sozialdemokraten, Daniel Buchholz, übte sich am Mittwoch in Zweckoptimismus. „Die Koalitionsparteien sind sich grundsätzlich einig, das wird in der Debatte auch deutlich werden.“ Die Landes-SPD demonstriert unterdessen, für alle Fälle, eine große interne Geschlossenheit. So teilte der Neuköllner SPD-Kreischef und Bundestagsabgeordnete Fritz Felgentreu am Mittwoch mit: „Die Neuköllner Sozialdemokraten unterstützen die Pläne des Senators Müller.“ Es werde ein Gleichgewicht zwischen Wohnen und Freizeit geschaffen und der Berliner Wohnungsmarkt entlastet. „Da können wir eine so große Fläche wie das Tempelhofer Feld nicht ausklammern.“

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false