zum Hauptinhalt

Berlin: 1,2 Millionen auf einen Streich Regierungsfraktionen wollen den Philharmonikern die Zuschüsse kürzen, um Etatlöcher zu stopfen

Den Berliner Philharmonikern werden ab 2006 möglicherweise knapp 1,2 Millionen Euro in der Kasse fehlen. Denn die Haushälter und Kulturpolitiker von SPD und PDS fühlen sich nicht an die Zusage des Senats gebunden, dem Orchester weiterhin 14,7 Millionen Euro jährliche Zuschüsse zu zahlen.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Den Berliner Philharmonikern werden ab 2006 möglicherweise knapp 1,2 Millionen Euro in der Kasse fehlen. Denn die Haushälter und Kulturpolitiker von SPD und PDS fühlen sich nicht an die Zusage des Senats gebunden, dem Orchester weiterhin 14,7 Millionen Euro jährliche Zuschüsse zu zahlen. Die Situation ist günstig. Der Zuwendungsvertrag mit den Philharmonikern läuft zum Jahresende aus. Zwar hat Kultursenator Thomas Flierl (Linkspartei) schon einen neuen Vertrag ausgehandelt, aber der ist noch nicht rechtsgültig.

Die Finanzexpertin der SPD, Iris Spranger, geht davon aus, dass das Orchester eine Kürzung der Mittel wirtschaftlich verkraften kann. Ihre Fraktionskollegin Brigitte Lange, zuständig für die Kultur, weist darauf hin, dass die Philharmoniker trotz der Haushaltsnotlage in den vergangenen Jahren wachsende Zuschüsse erhielten. 2002 waren es noch 13,9 Millionen Euro; jetzt sind es 850000 Euro mehr. Darin enthalten sind Lottomittel – jährlich 1,17 Millionen Euro. Aber die Lottoförderung läuft 2006 aus. Das fehlende Geld sollte eigentlich durch höhere Zuschüsse aus dem Landeshaushalt ausgeglichen werden. Dagegen sperren sich nun die Regierungsfraktionen.

„Wenn wir nicht vertraglich gezwungen sind, können wir es uns nicht mehr erlauben, Geschenke zu verteilen“, unterstrich der kulturpolitische Sprecher der Linkspartei, Wolfgang Brauer, den Sparwillen der Koalition. Der PDS-Hauhaltspolitiker Carl Wechselberg sieht zwar eine „innere Notwendigkeit“, die Philharmoniker auskömmlich zu finanzieren. „Aber meinetwegen: Wenn es machbar ist, kann man denen das Geld wegnehmen.“ Nicht nur Flierl, auch der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) ist von der geplanten Kürzung dem Vernehmen nach nicht begeistert. Einem Votum des Parlaments müsste sich der Senat aber beugen.

Ein Sprecher Flierls wies lediglich „auf die laufenden koalitionsinternen Abstimmungen“ hin.Der Vertrag mit dem Orchester, der dem Tagesspiegel vorliegt, enthält über 2005 hinaus nur ein vages Versprechen: „Art und Ausmaß der Erfüllung dieses Vertrages ist bei der Festlegung der Zuschusshöhe im Folgevertrag zu berücksichtigen“. Das Orchester kann sich zurzeit kaum wehren; es ist in Salzburg und Luzern auf Gastspielreise.

Die Koalition braucht das Geld offenbar, um woanders Finanzlöcher zu stopfen. So sollen die „Märchentage“ gerettet werden. Auch dem Theater „Tribüne“ droht die Schließung und der Friedrichstadtpalast steht vor neuen finanziellen Schwierigkeiten. Über die künftige Förderung des Kinos „Babylon“ und der Kulturbrauerei in Prenzlauer Berg wird zwischen SPD und PDS auch noch gestritten.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false