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Berlin: 1. Mai: Die Polizei wartet

Nur noch zwei Wochen sind es bis zum 1. Mai, und es spricht wenig dafür, dass es in der Stadt dann anders aussehen wird als in den Jahren zuvor: Demonstrationen, Ausschreitungen, Blaulicht und brennende Autos.

Nur noch zwei Wochen sind es bis zum 1. Mai, und es spricht wenig dafür, dass es in der Stadt dann anders aussehen wird als in den Jahren zuvor: Demonstrationen, Ausschreitungen, Blaulicht und brennende Autos. Doch wie sich die Polizeiführung auf diesen Tag vorbereitet, ist kaum bekannt, und unter den Beamten macht ein Spruch die Runde: "Im Präsidium merkt man am 30. April, dass ein paar Stunden später der 1. Mai ist". Es gibt keine Informationen, keinen Vorbefehl. Nichts.

Dabei hatte sich die Polizeiführung eigentlich verhältnismäßig früh zum 1. Mai geäußert - allerdings recht allgemein und wenig überraschend. Wie in den Jahren zuvor, will man auch dieses Mal wieder versuchen, Jugendliche durch sportliche und kulturelle Aktivitäten in verschiedenen Stadtteilen von Auseinandersetzungen fernzuhalten. Und auch in diesem Jahr sollen besonders beschulte Beamte die Demonstration der Autonomen wieder begleiten und versuchen, Gewalt im Vorfeld zu verhindern. Doch mehr erfährt man nicht.

Seit die Polizei vor mehreren Wochen ihr Deeskalations-Programm vorgestellt hat, herrscht Funkstille. Wieviele Beamte eingesetzt werden müssen, um die zahlreichen Demonstrationen zu begleiten, ob Polizeikräfte aus anderen Bundesländern oder der Bundesgrenzschutz angefordert werden, welche Anstrengungen die Polizeiführung unternimmt, um ihr Deeskalationskonzept erfolgreicher durchzusetzen - auf solche Fragen gibt es im Präsidium keine Antworten.

Dabei wäre weitere Aufklärung durchaus sinnvoll. Für den Plan, in Friedrichshain ein Open-Air-Konzert zu veranstalten, ist noch kein Veranstalter gefunden worden. Auch die offizielle Anmeldung für die alljährliche "Revolutionäre 1.-Mai-Demonstration" am frühen Abend durch Kreuzberg kommt sehr spät. Somit bleibt auch für die polizeiliche Vorbereitung nicht viel Zeit.

Zusätzlich erschwert wird die Situation durch eine 1.-Mai-Demonstration der NPD. Die Rechtsradikalen haben ihre Demonstration unter dem Motto "Deutschland zuerst - Gemeinsam für soziale Gerechtigkeit" durch Mitte nach Lichtenberg Ende Februar angemeldet. Von der Straße der Pariser Kommune über die Karl-Marx-Allee und Frankfurter Allee soll sie zum Bahnhof Lichtenberg führen. Die NPD erwartet rund 500 Teilnehmer. Als Redner der Abschlusskundgebung sind der NPD-Bundesvorsitzende Udo Vogt, der Berliner Landeschef Andreas Storr sowie der Rechtsanwalt Horst Mahler vorgesehen.

Innensenator Eckart Werthebach möchte den Umzug der Rechten am liebsten verbieten. Doch für ein solches Verbot hat das Bundesverfassungsgericht am Mittwoch letzter Woche noch einmal enge Vorgaben gemacht. Allein die Erwartung, "der Veranstalter und die voraussichtlichen Teilnehmer würden nationalsozialistisches Gedankengut verbreiten", so die Richter, reiche für ein Verbot nicht aus. Ein Versammlungsverbot könne nur dann gerechtfertigt sein, wenn zu erwarten sei, dass "die Schwelle der Strafbbarkeit" überschritten werde.

Alles spricht also dafür, dass die NPD-Demonstration stattfinden wird und mit starken Polizeikräften geschützt werden muss. Eine Mai-Demonstration der rechtsradikalen NPD durch Mitte ist für viele eine Provokation. Mit Störungen ist also zu rechnen. Dabei gab es schon im vergangenen Jahr hinreichend Probleme mit dem polizeilichen Einsatzkonzept. So waren viele Polizisten mit dem Deeskalationskonzept offenkundig nicht einverstanden. Über Funk beschimpften sie ihre Kollegen und Kolleginnen, die versuchten, Aggressionen auf beiden Seiten abzubauen als "Warmduscher, Safttrinker und Weicheier". Von Landesschutzpolizeidirektor Gernot Piestert ist auch dazu keine Auskunft zu erhalten.

Otto Diederichs

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