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Berlin: 10 Euro pro Stunde – und kaum Bewerber

Callcenter von Air Berlin hat Schwierigkeiten, 30 bis 50 neue Telefonjobs zu besetzen

Von den sechs Bewerbern, die zum Gruppengespräch eingeladen waren, erschienen nur drei und von denen war noch einer eine Viertelstunde zu spät. Und das, obwohl der Termin um 11 Uhr war. Am Tag davor sei es dasselbe gewesen, sagt Diana Müller-Nied: Von sechs Eingeladenen erschienen drei, die anderen hätten nicht mal abgesagt. Müller-Nied sucht Personal für ihr Callcenter, das für die Fluglinie Air Berlin arbeitet. 30 bis 50 Jobs sind zu vergeben – in einer Stadt mit 287 500 Arbeitslosen. Aber Bewerbungen kommen nur spärlich. Inzwischen fragt sich die Chefin, ob sie zu anspruchsvoll sei, wenn sie möchte, dass Interessenten sich ein wenig mit Job und Unternehmen beschäftigen. „Manche kennen nicht mal einige der Ziele, die Air Berlin anfliegt“, sagt sie.

Laut Stellenbeschreibung müssen die Jobcenter-Mitarbeiter Buchungen und Umbuchungen vornehmen, Sitzplätze reservieren, Rechnungen versenden oder Meilenkonten abfragen, das alles auch auf Englisch. Arbeitsort ist ein neues Bürogebäude am Saatwinkler Damm. Der Lohn beträgt in der sechsmonatigen Probezeit 10,03 Euro pro Stunde, danach 10,78 Euro. Haken: Da das Callcenter 24 Stunden besetzt ist, wird in Schichten gearbeitet, manche dauern von 22 bis 6.30 Uhr. Ab 20 Uhr erhalten die Mitarbeiter im Callcenter Nachtzuschläge. In der sechsmonatigen Probezeit werde nur 25 Stunden pro Woche gearbeitet, sagt Müller-Nied, weil mehr Stunden zu viel Stress bedeuteten. Danach sei auch Vollzeit möglich. Doch viele Arbeitslosengeld-II-Empfänger, das weiß sie inzwischen, stellen beim Nachrechnen fest, dass sie mit den 25-Stunden-Schichten genauso viel oder kaum mehr verdienen, als sie ohnehin vom Arbeitsamt bekommen. Anderen fehle die Flexibilität für Schichtarbeit.

Wenn die Absagen vernünftig begründet sind, passiert den ALG-II-Empfängern nichts, wie Olaf Möller von der Arbeitsagentur sagt. Dem Schichtdienst könnten etwa gesundheitliche Probleme oder die familiäre Situation entgegenstehen. Das Argument, man verdiene weniger, als man auch fürs Nichtstun bekomme, zähle natürlich nicht. Bei unbegründeten Absagen würden die Leistungen gekürzt oder ausgesetzt. Laut Möller könnten die geforderten Englischkenntnisse Grund für die spärlichen Bewerbungen sein. Gerade bei Langzeitarbeitslosen sei es oft lange her, dass sie zuletzt Englisch gesprochen hätten. Für das Callcenter ist dies aber unerlässlich, ein Viertel aller Anfragen komme aus dem Ausland, sagt Diana Müller-Nied. Abiturniveau in Englisch sei ausreichend.

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