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Berlin: 101

Der Kurfürstendamm mag immer noch die beliebteste Flaniermeile vieler Berlin- Touristen sein, die Sympathisanten des elegant drinking sehen hier fast nur Wüste. Einzige Oase war bislang die Universum Lounge am Lehniner Platz.

Von Frank Jansen

Der Kurfürstendamm mag immer noch die beliebteste Flaniermeile vieler Berlin- Touristen sein, die Sympathisanten des elegant drinking sehen hier fast nur Wüste. Einzige Oase war bislang die Universum Lounge am Lehniner Platz. Nun gibt es ein weiteres Lokal, das ambitiös erscheint. Die 101 Lounge-Bar im Eckhotel „Ku’damm 101“ verspricht „minimalistisch-sinnliches Design“ und „kreative bis klassische Cocktails“. Der drinking man, bekanntlich bei Hotelbars eher skeptisch, begab sich also mit einer aficionada (die eigentlich unersetzliche compañera war verhindert) zu dem so heftig angepriesenen one-o-one.

Das Design ist tatsächlich minimalistisch, allerdings in einer Retro-Seventies-Variante. Geschwungene Bänke mit beige-braunen Polstern, lange, herabhängende Stoffröhrenlampen, wellige Wände mit pink schimmernder Lichtbahn, ein furnierdrapierter Rundumtresen, die 360 Grad fast geschlossen. Ein bisschen Raumschiff-Orion-goes-Nightclub. Am Tresen sitzt man nicht auf Hockern, sondern muss auf gekrümmte Doppelsitz-Quader kraxeln. Eine Lehne gibt es nicht. Minimalistisches Design bedeutet ja nicht zwingend bequemes Sitzen.

Der freundliche, junge Keeper brachte die Karte. Genauer: ein kleines Faltblatt, auf dem sechs Drinks und vier Snacks verzeichnet sind. Minimalistisch eben. Der Keeper versicherte, er könnte auch andere Cocktails produzieren. Drinking man und aficionada hielten sich zunächst an das Kärtchen und orderten einen Negroni sowie einen Slow Comfortable (Vodka, Gin, Southern Comfort, Orangensaft). Der Negroni war okay, der Slow C. gelbschaumig-leicht und fruchtig. Das auf Tabletts servierte Focaccia (Kräuterfrischkäse und Gemüse) taugte zum angenehm unauffälligen Begleiter. Endlich eine der wenigen Hotelbars, die zu empfehlen wären?

Nicht ganz. Der Keeper war leider nicht imstande, den von der aficionada gewünschten Pimm’s Cocktail zu komponieren. Die aficionada wich dann auf den leicht zu konstruierenden Tequila Sunrise aus, der irgendwann weggetrunken war. Vielleicht hätte der drinking man auch einen simplen, vom Keeper hartnäckig empfohlenen Gin Tonic bestellen sollen. Aber es musste ein Mai Tai sein. Was dann kam, war schlicht ein Irrtum: Eine Art Piña Colada mit reichlich Orangensaft. Bedeutet „minimalistisch“ auch, den Gast mit fake drinks abzuspeisen?

Wahrscheinlich ist das 101 noch ein work in progress. Vielleicht sollte man in einem halben Jahr wieder vorbeischauen. Aber nur, wenn es gesicherte Informationen gibt, dass statt eines minimalistischen Faltblatts eine sinnliche Getränkekarte gereicht wird. In der Cocktails nicht ohne einklagbare Ingredienzen verzeichnet sind.

101 Lounge-Bar, Kurfürstendamm 101, Charlottenburg, Telefon 52 00 550, täglich geöffnet von 10 bis 3 Uhr

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