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© dpa/Sebastian Christoph Gollnow, picture alliance/dpa, Montage: TSP

14-Jährige im Görli zur Prostitution gezwungen?: Berlins Regierender Bürgermeister hält an Aussage fest – trotz Widerspruch der Behörden

Kai Wegner erweckte den Eindruck, 14-jährige Mädchen werden im Görlitzer Park von Dealern in die Sucht und die Prostitution getrieben. Doch amtlich liegt dazu nichts vor.

Nach der Berliner Polizei hat auch die Staatsanwaltschaft der Darstellung des Regierenden Bürgermeisters Kai Wegner zur Lage im Görlitzer Park widersprochen. Doch Wegner hält daran fest. Die Opposition im Abgeordnetenhaus wirft dem CDU-Politiker Angstmache vor.

Wegner hatte im Tagesspiegel-Interview gesagt, er wolle „nicht länger ertragen“, dass im Görlitzer Park „14-jährige Mädchen von Drogendealern abhängig gemacht und in die Prostitution getrieben werden“. Das lasse ihn schlecht schlafen.

Doch weder Polizei noch Staatsanwaltschaft können Wegners Darstellung bestätigen – im Gegenteil. „Es liegen beim zuständigen Fachkommissariat des Landeskriminalamtes Berlin keine entsprechenden Erkenntnisse vor“, sagte eine Sprecherin der Polizei. Zu Jugendlichen, die im und um den Park in Sucht und Prostitution getrieben worden seien, gebe es „keine Erkenntnisse“.

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Im August habe es einen Hinweis einer Anwohnerin gegeben, die die Dealer- und Drogenszene im Park täglich beobachte. Sie habe von Kinderprostitution gesprochen. „Im Ergebnis der Überprüfung konnten die Beobachtungen jedoch nicht verifiziert werden und bieten keine Anhalte für weiterführende polizeiliche Maßnahmen“, sagte die Polizeisprecherin.

Der Mond über der Kreuzberger Grünfläche.

© Julius Geiler

Laut Polizei und Staatsanwaltschaft gab es auch nur in einem Fall, der Wegners Darstellung entspricht, Ermittlungen. Im März 2022 habe eine damals 16-Jährige Anzeige gestellt. Die Staatsanwaltschaft ermittelte wegen des Vorwurfs der Zwangsprostitution.

Demnach soll das Mädchen bereits in der Zeit von Juni bis September 2020 – also mit 14 Jahren – von ihrem Ex-Freund an sieben bis acht Tagen für je 50 Euro zu sexuellen Handlungen mit unbekannten Personen im Görlitzer Park gezwungen worden sein. Sie soll sich von ihrem Ex-Freund bedroht gefühlt haben.

Wegner will Information von der Polizei bekommen haben

Beide seien in dieser Zeit ein Paar gewesen und „konsumierten zusammen verschiedene Betäubungsmittel“, hieß es von der Staatsanwaltschaft. Bei den Vernehmungen seien die Angaben der Jugendlichen aber „nicht konstant genug“ gewesen für einen dringenden Tatverdacht, der für den Antrag eines Haftbefehls nötig ist. Da vom Beschuldigten kein Aufenthaltsort bekannt sei, sei das Verfahren seit September 2022 vorläufig eingestellt worden.

In Berlin macht der Regierende Bürgermeister die Fake-News höchstselbst.

Vasili Franco, innenpolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion im Abgeordnetenhaus

Trotz der offiziellen Auskünfte von Polizei und Staatsanwaltschaft bleibt Wegner bei seiner Darstellung. Die Senatskanzlei erklärte auf wiederholte Nachfrage, der Regierende Bürgermeister habe die Information persönlich von der Polizei erhalten.

Die Opposition kritisierte Wegner für die Aussagen zum Görlitzer Park scharf. „In Berlin macht der Regierende Bürgermeister die Fake-News höchstselbst“, sagte Grünen-Innenexperte Vasili Franco. Wegners Aussage sei nicht tragbar, sein Verhalten sei unseriös und unwürdig. „Er muss wissen, wie seine Worte wirken. Damit hat er weder der Debatte noch sich einen Gefallen getan“, sagte Franco.

Vasili Franco ist Sprecher für Innenpolitik in der Grüne-Fraktion im Abgeordnetenhaus.

© Vincent Villwock / Grüne Fraktion Berlin

„Offenbar will Herr Wegner ganz bewusst eine Stimmung der Angst schaffen, um sich als harter Durchgreifer zu profilieren“, sagte Linke-Innenexperte Niklas Schrader. „Dieses faktenfreie Erfinden von Bedrohungsszenarien kennen wir sonst aus der ganz rechten Ecke.“

Mit einer rationalen Analyse zur Lösung von tatsächlichen Problemen im Görlitzer Park habe Wegners Verhalten nichts zu tun, erklärte der Linke-Politiker. Das erwarteten die Menschen aber. „So zerstört man Vertrauen in die Politik. Das ist eines Regierenden Bürgermeisters unwürdig“, sagte Schrader.

Der Linke-Abgeordnete Niklas Schrader.
Der Linke-Abgeordnete Niklas Schrader.

© Annette Riedl/dpa

Auch im Fall einer CDU-internen Auseinandersetzung weicht Wegners Darstellung jener der Polizei ab. Beim Motzstraßenfest im Juli sollen Wegners Personenschützer vom Landeskriminalamt den Landeschef der Jungen Union (JU), Harald Burkart, mit einem Schlag auf den Rücken abgedrängt haben.

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