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Berlin: 27. September 1978

Vor 25 Jahren verweigerte sich ein Schöffe dem Gericht – und bekam Recht BERLINER CHRONIK „Ich werde an einer Sitzung niemals teilnehmen“, beschied ein Berliner unmißverständlich das Verwaltungsgericht. Was als Ehre gemeint war, empfand der solchermaßen Bedachte als reine Belastung.

Vor 25 Jahren verweigerte sich ein Schöffe dem Gericht – und bekam Recht

BERLINER CHRONIK

„Ich werde an einer Sitzung niemals teilnehmen“, beschied ein Berliner unmißverständlich das Verwaltungsgericht. Was als Ehre gemeint war, empfand der solchermaßen Bedachte als reine Belastung. Seine beharrliche Weigerung, das Amt eines ehrenamtlichen Richters am Verwaltungsgericht wahrzunehmen, führte nun zu einer grundsätzlichen Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts (OVG). Fazit: Niemand kann verpflichtet werden, ehrenamtlich Recht zu sprechen. Üblicherweise unterbreiten die Bezirksämter dem Verwaltungsgericht eine Vorschlagsliste mit Kandidaten. Der Wahlausschuß beim Gericht bestimmt dann die Personen und benachrichtigt sie. Im Fall des Beschwerdeführers war man jedoch an die falsche Adresse geraten. Er gab Bescheid: „Nach eingehender Gewissensprüfung kann ich das auserkorene gewählte Amt nicht wahrnehmen.“ Wenn man schon eine Person wähle, sollte man zumindest fragen, ob sie die Wahl annehme oder nicht. Damit verkannte der Mann die Rechtslage, die bisher ein Weigerungsrecht nur für bestimmte eng umgrenzte Fälle und einige Berufsgruppen vorsah. „Ehrenamtliche Richter“, betonte das OVG jetzt in seiner Entscheidung, „die mit hinreichender Deutlichkeit zu verstehen geben, daß sie auf keinen Fall zur Erfüllung richterlicher Pflichten bereit sind, können wegen dieser inneren Einstellung nicht disziplinarisch verfolgt werden, sondern sind aus dem Amt zu entfernen.“

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