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Berlin: 35 Polizisten jagen Nacht für Nacht die wilden Sprayer

Beseitigung kostet 50 Millionen Euro im Jahr, sagen Veranstalter des Anti-Graffiti-Kongresses. Sie fordern: Senat soll mehr tun

Berlin ist immer noch Hauptstadt der Sprayer. Wer in der Szene etwas gelten will, muss sich hier mit seinem Namen verewigt haben. So lautet die einhellige Einschätzung der GraffitiSzene und ihrer Gegner. 35 Polizisten und Bundesgrenzschützer sind in einer gemeinsamen Ermittlungsgruppe Nacht für Nacht gegen Graffiti unterwegs. Im vergangenen Jahr befassten sie sich nach Polizeiangaben mit knapp 10000 Strafanzeigen gegen Sprüher, gut zehn Prozent mehr als 2003. Für 2005 werde ein weiterer Anstieg erwartet. In zwei Dritteln der Fälle könne die Ermittlungsgruppe den Urheber feststellen.

Jedes Jahr koste die Beseitigung von Graffiti in Berlin 50 Millionen Euro, sagt Karl Hennig von der Initiative „nofitti“, die am Donnerstag den ersten bundesweiten Anti-Graffiti-Kongress in Berlin veranstalten will. „Wir wollen ein Zeichen setzen, dass die Menschen den Vandalismus satt haben“, sagt Hennig. Das Ziel der Initiative, die von mehreren Reinigungsunternehmen getragen wird, ist eine Null-Toleranz-Politik wie in Skandinavien. In Deutschland scheitere eine Bestrafung oft daran, dass Hausbesitzer beweisen müssen, dass ein Graffiti oder dessen Beseitigung die Bausubstanz beschädigt. Das könnte sich ändern, wenn der Bundestag ein Anti-Graffiti-Gesetz beschließt, das seit vier Jahren in der Schublade liegt. Dafür sieht Hennig nun Chancen, da sich die politische Stimmung gegen Graffiti gewendet habe.

Hennig frohlockt, dass ein SPD-Parlamentarier in seinem Grußwort zum Kongress „erstmals öffentlich über die Blockadehaltung des grünen Koalitionspartners klagt“. Rückendeckung bekomme „nofitti“ auch vom Senat. Der müsse allerdings nach dem Kongress mit einem Masterplan gegen Graffiti nachlegen.

Angesichts knapper Kassen setzt Hennig auf Eigeninitiative. Sein eigener Verein halte bereits 15 Denkmäler und ebenso viele Parks oder Spielplätze sauber. Ganz in diesem Sinne handeln auch die ersten Preisträger des Wettbewerbs „Graffitifreie Schule“. Achtklässler der Realschule der Dahlemer Königin-Luise- Stiftung bekommen am Donnerstag den „Nofitti-Bären“ dafür, dass sie regelmäßig in ihrer Freizeit die Schule säubern. So viel Aktivität hat auch die Sprayer- Szene in Aufruhr versetzt. Mit dem Film „Pure Hate“ beginnt heute Abend in der Offenen Uni eine Reihe von Gegenaktivitäten. Der Sprayerladen „Overkill“ kündigt für morgen eine „Kunst-Performance“ vor dem Roten Rathaus an. Dort treffen sich am Donnerstag unter der Schirmherrschaft von Bürgermeister Klaus Wowereit die Graffiti-Gegner – während einige Jugendgruppen vom Mauerpark aus gegen den Kongress demonstrieren.ak

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