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Berlin: 40 Berliner nehmen sich im Monat das Leben

Im Januar acht Selbstmorde durch Sprung vor den Zug VON UTA VON ARNIM Berlin. Im Januar häuften sich bisher die Zahl der spektakulären Selbsttötungen - acht Menschen ließen ihr Leben nachdem sie sich vor den Zug geworfen hatten, drei sprangen aus dem Fenster.

Im Januar acht Selbstmorde durch Sprung vor den Zug VON UTA VON ARNIM

Berlin. Im Januar häuften sich bisher die Zahl der spektakulären Selbsttötungen - acht Menschen ließen ihr Leben nachdem sie sich vor den Zug geworfen hatten, drei sprangen aus dem Fenster.Wieviele durch Tabletten umkamen, ist nicht bekannt.Durch Selbsttötungen sterben anderthalbmal so viele Menschen wie durch Verkehrsunfälle.Trotz der Einrichtung verschiedener Krisendienste lag die Zahl der Suizidtoten im Jahr 1995 in Berlin bei 636 (415 im Westen, 221 im Osten).Fast einhundert Tote mehr als vor fünf Jahren.Jeden Monat sind es 40 bis 50 Berliner, ein bis zwei pro Tag. Der Fall der 15jährigen Schülerin, die sich Anfang Januar in Spandau vor den Zug warf, hat viele berührt.Der Lokführer hatte noch gesehen, wie sie auf die Bahngleise zulief, aber eine Notbremsung konnte den Tod des Mädchens nicht mehr verhindern.Es vergeht kaum eine Woche, in der nicht die Meldung einer Selbsttötung über die Agenturen läuft.Allein in der letzten Woche sind zwei Männer aus dem Fenster gesprungen, einer, psychisch krank, aus dem Pflegeheim, ein Schauspieler, von dem keiner wußte, daß es ihm schlecht ging, aus dem Hochhaus.Eine fünfzigjährige Frau, die vor die S-Bahn sprang, konnte mit lebensgefährlichen Verletzungen geborgen werden. 636 Menschen starben im Jahr 1995 in Berlin durch Selbstmord.Davon waren 430 Männer, 206 Frauen.Es sterben meist mehr Männer, da sie Todesarten wie Erhängen, Erschießen, oder den Fenstersprung wählen, während Frauen, die zu Tabletten greifen, oft gerettet werden."Männer sind weniger in der Lage, sich Hilfe zu holen" sagt Michael Witte von der Beratungsstelle Neuhland.Meist führt nicht ein einzelner Auslöser dazu, daß jemand in der Selbsttötung den letzten Ausweg sieht; oft ist eine Summierung von Schwierigkeiten im Leben die Ursache.Wenn Trennung, Arbeitslosigkeit, sozialer Abstieg zusammenkommen mit dem Gefühl von Versagen und Wertlosigkeit, kann eine Krise entstehen, die der Betroffene durch Suizid zu "lösen" sucht. Wie hoch die Dunkelziffer ist bei Selbstmorden, kann keiner sagen.Man vermutet, daß bei vielen unklaren Todesursachen Suizid dahinterstehen könnte.Gerade bei tödlichen Verkehrsunfällen junger Menschen ohne erkennbare Ursache stellt sich manchmal heraus, daß der Fahrer kurz vor dem Unfall von Selbstmordgedanken geredet hat.Der Berliner Polizei liegen dazu keine Erkenntnisse vor, wie Sprecher Norbert Gunkel sagt: "Wir prüfen immer, ob Fremdverschulden beteiligt war, aber über Selbsttötungen gibt es keine Forschungen." In den Sprüngen vor den Zug seit Anfang Januar sieht Klaus Watzlak, Sprecher der BVG, "keine besondere Häufung".Es gebe "so vierzig im Jahr, das sei nichts Ungewöhnliches".Selbstmordgefährdeten bieten in Berlin Telefonseelsorge, Krisendienste, und dieKriseninterventionszentren der Krankenhäuser Moabit, Urban, Steglitz Rat und Hilfe, für Jugendliche und Kinder die Beratungsstelle Neuhland.

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