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Berlin: 50 Jahre Bar waren genug

Rudolf van der Lak schließt die legendäre Galerie Bremer

Wenn im rasant lebenden Berlin ein Restaurant oder eine Bar zehn Jahre alt wird, dann reicht das normalerweise für den Titel „Institution“. Die Galerie Bremer in der Fasanenstraße ist im März 50 Jahre alt geworden – und damit in einer ganz eigenen Kategorie angekommen. Wie es scheint, hatte Rudolf van der Lak, der Besitzer und Barkeeper, damit sein Ziel erreicht: Am Sonnabend nun wird er, fast 85 Jahre alt, Bar und Galerie schließen und sich in den Ruhestand zurückziehen. Wie es mit den historischen Räumen dort weitergeht, ist nicht bekannt; offenbar hat sich noch keine Institution für die vom damaligen Stadtbaudirektor Hans Scharoun 1955 entworfene Bar interessiert, die den Zeitgeist der Epochen irgendwo zwischen Nierentisch und Existenzialismus spiegelte.

Rudolf van der Lak stammt aus Surinam. In der „Bar Boheme“ am Kurfürstendamm, wo er als Barmixer arbeitete und gelegentlich sang, traf er 1952 die 25 Jahre ältere Anja Bremer, die bereits kurz nach dem Krieg eine Galerie eröffnet hatte. Beim Umzug in neue Räume in der Fasanenstraße blieb dort ein schlecht beleuchtetes „Berliner Zimmer“ übrig, das alsbald als „Klubraum“ genutzt wurde, als Treffpunkt für Künstler und ihr Publikum. Scharoun richtete ihn mit rotem Leder, moosgrünen Wänden und handgefertigten Blechleuchten heimelig ein, Rudolf van der Lak stellte sich hinter die Bar, und die Galerie Bremer wurde rasch zum gesellschaftlichen Mittelpunkt. Künstler wie Bernhard Heiliger und Heinz Trökes waren Stammgäste, Friedrich Luft und Bubi Scholz gehörten fast zum Inventar, und auch Billy Wilder und Otto Hahn ließen sich blicken. Rudolf van der Lak war immer dabei, tagsüber in der Galerie, nachts an der Bar.

Nach Anja Bremers Tod 1985 wurde es ruhiger in der Fasanenstraße. Dennoch gelang es van der Lak, im Zuge der Renaissance der Barkultur ein neues, jüngeres Publikum anzulocken, das den Stil des immer höflichen, gut gekleideten Lebenskünstlers schätzte. In seine Erzählungen mischte sich immer häufiger der knappe Satz „Dat gibt es nicht mehr“, vor allem, wenn er sich an die Institutionen des Nachkriegsberlin erinnerte. Nun gibt es auch die Galerie Bremer nicht mehr, und Rudolf van der Lak wird aus der Öffentlichkeit völlig verschwinden. Ihm macht das nichts aus: „Die Leute kennen mich nicht“, hat er einmal gesagt, „nur ich weiß, wer ich bin“. bm

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