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Wohnhäuser im Quartier "Feilner-Höfe" in der Feilnerstraße zwischen Ritter- und Oranienstraße in Berlin-Kreuzberg.

© Thilo Rückeis

Dreiste Vorgehensweise: 900 Euro mehr Miete

Aufregung in zwei Kreuzberger Hausanlagen: Weil die Instandhaltungskosten angeblich zu hoch sind, bewirken Investoren drastische Mieterhöhungen. Doch in Wirklichkeit sollen die Wohnungen entmietet werden.

Wohnungsbesichtigung in der Oranienstraße 103 in Kreuzberg: Eigentumswohnungen in ruhiger und grüner Citylage, 3-Zimmer mit 2 Balkonen, gut 82 Quadratmeter für 155 000 Euro. Der fünfgeschossige Bau aus rotem Backstein zieht sich in mehreren Blocks die Straße entlang bis zur Lindenstraße. Im Innenhof gibt es Grünflächen und Spielplätze. Im Rahmen der Internationalen Bauausstellung 1988 wurde die Anlage errichtet. Die Grundrisse sind sehr unterschiedlich, mit großen Balkonen zum Innenhof und viel Licht. In der frisch renovierten Musterwohnung tummeln sich die Interessenten, Paare mittleren Alters, Einzelpersonen, ein älteres Ehepaar mit den erwachsenen Kindern.

Rund die Hälfte der rund 170 Wohnungen in der Anlage seien schon verkauft, sagt der Vertreter. Nur etwa 30 Prozent der Wohnungen seien noch vermietet. Aber nicht mehr lange, wie der Berater ankündigt: „Die Mieter kriegen jetzt alle eine Mieterhöhung mit der Kostenmiete von 13,80 Euro.“ Die Obergrenzen des Mietspiegels gelten hier nicht, macht der Vertreter deutlich. Er macht auch keinen Hehl daraus, dass die Kostenmiete gezielt genutzt wird, um die Wohnungen zu entmieten. Aus Sicht der Kaufinteressenten macht das ja auch Sinn. Für Nachschub an leeren Wohnungen ist also gesorgt. „Ich suche eine Wohnung zum 1. Juli“, sagt ein Mann um die 40. Kein Problem, sagt der Berater und schaut in seine Mappe nach Grundrissen, die infrage kommen.

Der Berliner Mieterverein kennt die Probleme. Die Feilnerhöfe Grundbesitz GmbH hat die Miete bei zwei Bewohnern zum 1. März um über 40 Prozent auf zehn Euro pro Quadratmeter hochgesetzt. Christian Andersen, Geschäftsführer der Feilnerhöfe Grundbesitz GmbH, begründet die Mieterhöhungen mit den angeblich hohen Instandhaltungskosten.

„Die Mieter werden das nicht bezahlen können“, sagt dagegen Mietervereins-Geschäftsführer Reiner Wild. „Unser Eindruck ist, dass der Investor damit zu seinem Ziel kommt, die Wohnungen auf diese Weise für den Verkauf frei zu bekommen.“ Ob die Betroffenen bedürftig sind, sei nicht klar. „Auf jeden Fall sind es Migranten.“ Deutsche Bewohner, die es auch gab, hätten frühzeitig das Weite gesucht, weil ihnen die Situation nach der Insolvenz des Vorbesitzers zu unsicher wurde.

Noch schlimmer ist es in der Kreuzberger Kochstraße 16 - 25. Das Gebäude mit 32 Mietwohnungen und Gewerberäumen wurde nach Angaben der Investitionsbank 2010 verkauft. Mehrere Mieter sollen hier sogar auf einen Schlag über 14 Euro pro Quadratmeter zahlen. Pro Wohnung sind das rund 900 Euro mehr Miete. Im Schreiben der Hausverwaltung heißt es dazu: „Wir freuen uns jedoch, Ihnen mitteilen zu können, dass sich die Eigentümer dazu entschlossen haben, lediglich eine moderate Mieterhöhung in Anlehnung an die Marktmiete durchzuführen.“

Dass Eigentümer hier auf eine höhere Rendite spekulieren und das nicht nur in Einzelfällen, sei „ein Skandal“, sagt Mietervereins-Chef Reiner Wild: „Der Senat hat hier wertvolle Zeit verschwendet.“ Statt eine gesetzliche Lösung anzustreben, verlasse sich die rot-rote Landesregierung auf Kiezmanager und Umzugshilfen. In diesen begehrten Lagen Ersatzwohnungen zu finden, entspräche mittlerweile „der Quadratur des Kreises“.

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