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Berlin: Abgehoben

Wowereit verärgert, PDS begeistert, Fachleute belustigt

Der vorgeschlagene Zwischenausbau von Schönefeld wirft die Planungen für den Luftverkehr der Region um Jahre zurück. Bereits Anfang der 90er Jahre war ein solches Projekt entworfen, aber schnell entsorgt worden. Fachleute bewerten den IVG-Vorschlag, bis 2006 eine Mini-Lösung zu bauen, als letzten Versuch, doch noch im Flughafengeschäft zu bleiben. Die offizielle Bekanntgabe des Scheiterns der Privatisierungsverhandlungen war für die nächsten Tage erwartet worden. Ob dieser Zeitplan durch den neuen Vorstoß gehalten wird, ist jetzt ungewiss.

Ins formale Privatisierungsverfahren ist der Vorschlag – noch – nicht eingebracht. Die Vergabestelle, also die Flughafengesellschaft, hat das neue Konzept bisher nicht erhalten. Dazu wären die Unterschriften beider Konsortialführer erforderlich. Und der IVG-Partner Hochtief will sich dem Vernehmen nach nicht am Modell beteiligen, sondern aus dem Projekt aussteigen.

Beim Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) soll der Vorstoß von IVG schweren Ärger ausgelöst haben. Wowereit hatte gehofft, den gegen die Mauer gefahrenen Privatisierungsversuch jetzt beenden zu können. Und zwar einvernehmlich mit allen Verhandlungspartnern. Darüber, und nur darüber, war in den vergangenen Wochen intensiv gesprochen worden. Denn allen Beteiligten ist längst klar, dass die Privatisierung in der vorgesehenen Form gescheitert ist. Nur die IVG scheint sich damit nicht abfinden zu wollen. Die Immobiliengruppe hatte sich erst nachträglich in das Verfahren geklagt; jetzt will sie offenbar nicht klaglos ausscheiden, sondern kämpfen.

Ob der neue Vorstoß ernst gemeint oder eher eine Rache für das bevorstehende Aus bei der Privatisierung ist, lässt sich schwer beurteilen. Die IVG kann damit auf jeden Fall erreichen, dass eine neue Diskussion um Schönefeld ausgelöst wird. So ist die PDS bereits auf den Zug gesprungen. Der Vorschlag entspreche weitgehend den Forderungen der Partei, sagte deren verkehrspolitische Sprecherin Jutta Matuschek gestern. Die PDS will das vorhandene Abfertigungsgebäude weiter nutzen und auf den teuren Bahnhof unter dem bisher geplanten neuen Terminal, das zwischen den Start- und Landebahnen entstehen soll, verzichten. Der neue Vorschlag müsse nun geprüft werden.

Für Flughafen-Fachleute steht das Urteil dagegen bereits fest: „Kompletter Schwachsinn“, sagte ein Experte zu dem Vorschlag. Er sei gar nicht genehmigungsfähig. Anders als IVG behaupte, sei auch bei dieser Variante ein aufwändiges Planfeststellungsverfahren erforderlich, weil Vorfeldflächen geändert werden müssten, was auch den Zwischenausbau weit verzögern würde.

Wer Recht hat, könnte am Ende wieder ein Gericht entscheiden. Sollte es so weit kommen, wäre viel Zeit verloren. Und ob IVG dann zu den Gewinnern gehören würde, ist völlig offen.

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