zum Hauptinhalt
Pinar Cetin.

© Doris Spiekermann-Klaas

Abgeordnetenhauswahl: Pinar Cetin

Die 34-Jährige ist Politologin, Mutter und die Frau des Vereinsvorsitzenden der Sehitlik-Moschee. Jetzt kandidiert sie fürs Berliner Abgeordnetenhaus. Ein kleines Porträt

Ein Sonntagabend im Juli, das Sommerfest der Sehitlik-Moschee geht zu Ende. Pinar Cetin hat zwei Tage lang Gäste betreut, Klischees entkräftet und den Koran erklärt, sie ist Kindern hinterhergerannt – und das alles bei 30 Grad im Schatten.
Pinar Cetin ruckelt kurz das Kopftuch zurecht, trinkt ein Wasser und ist konzentriert und fröhlich, als wäre nichts gewesen. „Die hatte schon immer so ’ne Power“, sagt die Frau neben ihr – und zählt ein paar Stationen auf: Klassensprecherin, Schülersprecherin, Abitur, Studium, Moschee mit aufgebaut, geheiratet, drei Kinder – und gerade mal 34 Jahre alt.

Sie tritt als unabhängige Kandidatin an

Die nächste Herausforderung hat gerade begonnen: Pinar Cetin tritt bei der Berliner Abgeordnetenhauswahl am 18. September als unabhängige Kandidatin für Neukölln an. Sie kämpft dafür, dass die Mieten bezahlbar bleiben, dass mehr in Bildung investiert wird, damit Kinder, egal aus welcher Familie, die gleichen Chancen haben – und dass Menschen mit unterschiedlichen Herkünften, Traditionen und Religionen friedlich und respektvoll miteinander leben. Weil sie unter den Parteien keine gefunden hat, deren Programm sie voll und ganz vertreten kann, tritt sie als unabhängige Kandidatin an.

Als sie mit 21 heiratete, war der Vater entsetzt

Ihre Eltern kamen als Gastarbeiter und seien „mehr traditionell als religiös“. Als die Identitätsfragen in der Pubertät drängend wurden, hat sie sich, anders als ihre Schwestern, fürs Kopftuch entschieden – und für den deutschen Pass. Seitdem müsse sie sich rechtfertigen, sagt Pinar Cetin. Doch das habe sie „eher gestärkt“. Sie sei halt eine „Kämpfernatur“.
Als sie mit 21 Jahren heiratete, war der Vater entsetzt. Er hatte gehofft, die Töchter würden erst das Studium beenden, bevor sie an Hochzeit denken. Doch Pinar hatte schon früh von einer eigenen Familie geträumt und Ender Cetin, ein Berliner wie sie, war der Richtige. Zusammen organisierten sie Führungen in der Moschee und machten das Haus am Columbiadamm zur Vorzeigemoschee in Sachen Integration. Seit der Armenien-Resolution des Bundestags, seit dem Putschversuch in der Türkei, Loyalitätsforderungen an die Deutschtürken und Burka-Debatte hat der Rechtfertigungsdruck noch mal zugenommen. Die Sehitlik-Moschee gehört zum neuerdings umstrittenen Dachverband Ditib, Ender Cetin ist der Vorsitzende des Trägervereins.

Sie lässt sich nicht entmutigen

Doch Pinar Cetin entmutigt das nicht. Als sie vor neun Jahren nach ihrem Traum gefragt wurde, sagte sie: „hauptberuflich für den Abbau von Vorurteilen arbeiten“. Und wenn es nichts wird mit dem Einzug ins Parlament? „Ich habe nichts zu verlieren. Ich kann nur gewinnen“, sagt Pinar Cetin, „und sei es an Erfahrung.“

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false