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Gerlinde Stobrawa (Die Linke).

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Abschlussbericht: Stasi-Überprüfung belastet Abgeordnete Stobrawa schwer

Die neue Stasi-Überprüfung des brandenburgischen Landtags nennt sechs Linken-Abgeordnete. Gerlinde Stobrawa, Ex-Vizepräsidentin des Landtages, soll DDR-Bürger denunziert haben.

Brandenburgs Landtag steht erneut vor einer Stasi-Debatte. Der vorerst noch unter Verschluss gehaltene Abschlussbericht der Kommission zur Stasi-Überprüfung des Parlaments, den die Vorsitzende und Diktaturbeauftragte Ulrike Poppe am Mittwoch an Präsident Gunter Fritsch (SPD) übergab, enthält Befunde über sechs der 88 Volksvertreter. Es sind ausschließlich Linke-Politiker, alle Fälle sind bekannt und waren bereits 2009 nach der rot-roten Regierungsbildung öffentlich diskutiert worden. Erneut gerät nun aber die frühere Vize-Landtagspräsidentin Gerlinde Stobrawa (Linke) unter Druck. Die 62-Jährige, die auch Bürgermeisterin von Bad Saarow ist und Ende 2009 nach Stasi-Vorwürfen bereits als Parlamentsvize zurückgetreten war, wird im 44-Seiten–Bericht der Kommission belastet.

Nach deren Auffassung hat Stobrowa entgegen ihren Darstellungen nicht nur offiziell als Funktionärin des Rates des Bezirkes Frankfurt (Oder) mit der Staatssicherheit zusammengearbeitet, sondern als inoffizielle Mitarbeiterin „Marisa“ 1988/1989 für den DDR-Geheimdienst gespitzelt. Die von ihr gelieferten Informationen betrafen nicht nur Dienstliches, sondern seien denunziatorisch gewesen, heißt es. Die Version Stobrawas einer rein dienstlichen Kooperation hält die Kommission nach Tagesspiegel-Informationen für unglaubwürdig.

Kerstin Kaiser und Matthias Platzeck.

© dapd

Auch für ihre Aussage, dass der Stasi-Führungsoffizier an Dienstberatungen im Rat  teilgenommen habe, fand das Gremium keine Belege. Es hatte nicht nur die üblichen Auskünfte bei der Stasi- Unterlagenbehörde eingeholt, sondern auch Zeugen befragt und im Landeshauptarchiv recherchiert. Mitglieder sind neben Poppe der frühere Verfassungsschutz- und BND-Chef und ehemalige Direktor der Gauck-Behörde, Hansjörg Geiger, der evangelische Berliner Oberkirchenrat und Jurist David Gill sowie der Politologe Helmut Müller-Enbergs, alles ausgewiesene Experten. Geiger wies darauf hin, dass der Bericht in der Kommission „einstimmig“ verabschiedet wurde.

Im Fall Stobrawa wird nun selbst in der SPD dem Vernehmen nach erwartet, dass sie ihr Landtagsmandat niederlegen wird, wie es die CDU bereits fordert. Stobrawa selbst will sich nicht äußern, ehe sie – wie die anderen Betroffenen, ihre persönliche Erklärung abgeliefert hat. Allerdings erklärte Vize-Fraktionschef Stefan Ludwig, dass die Linken auch in ihrem Fall „keinen Anlass für eine Neubewertung“ sehen. Es habe keine neuen Aktenfunde gegeben, man halte die Darstellungen Stobrawas für glaubwürdig.

In anderen Fällen listet der Bericht im Wesentlichen bekannte Fakten auf. Mit der Stasi zusammengearbeitet hatten etwa Fraktionschefin Kerstin Kaiser (IMS „Katrin“, 1978 bis 1984 ), Innenexperte Hans-Jürgen Scharfenberg (IMS „Hans Jürgen“, 1978 bis 1985) sowie der Frankfurter Abgeordnete Axel Henschke, der sowohl IM als auch zeitweise Wärter in einem Stasi-Untersuchungsgefängnis war. Dem fraktionslosen Linke-Politiker Gerd-Rüdiger Hoffmann wird eine intensive Spitzeltätigkeit von 1970 bis 1975 bescheinigt, eine Kooperation bis 1989 sei nicht sicher geklärt. Erwähnt wird noch der Abgeordnete Michael Luthardt, der seinen Wehrdienst im Stasi-Wachregiment „Felix Dzierszinski“ leistete.

Der Bericht soll nach Eingang der persönlichen Erklärungen voraussichtlich noch Ende der Woche eine offizielle Drucksache und laut Präsident Fritsch auf der nächsten Sitzung am 25.Januar debattiert werden.

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