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Bubatzkarte Berlin

© bubatzkarte.de/openstreetmap

Update

Grünes Licht für Cannabis: Öffentliches Kiffen bleibt trotzdem vielerorts in Berlin verboten

Endlich überall Gras rauchen? Fehlanzeige. Trotz Teil-Legalisierung durch den Bundesrat wird der Konsum oftmals nicht erlaubt sein. Was Konsumenten nun beachten müssen.

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Der Bundesrat hat am Freitag grünes Licht für die Cannabis-Legalisierung in Deutschland gegeben. Damit wird der Anbau, Besitz und natürlich auch der Konsum der Droge unter bestimmten Voraussetzungen legal. 

Doch der öffentliche Konsum könnte in weiten Teilen Berlins weiterhin illegal bleiben. Grund dafür ist die Abstandsregel, die den Cannabis-Konsum in der Nähe von Schulen, Kitas, Spielplätzen und öffentlichen Sportstätten untersagt. Das vom Bundestag verabschiedete Gesetz sieht demnach einen Sichtabstand von 100 Metern zu deren Eingang als Mindestabstand vor.

Eine von einem Softwareentwickler aus Koblenz erstellte sogenannte „Bubatzkarte“ deutet die Auswirkungen der Abstandsregel für Berlin im Netz an. Der Tagesspiegel hat die Karte stichprobenartig überprüft. Bis auf Fälle wie Tanzschulen oder Taxischulen, die womöglich nicht unter die Regelung fallen, erscheinen die Angaben plausibel.

Allerdings geht diese Karte, die sich nach dem Bundestagsbeschluss rasch in sozialen Medien verbreitete, noch – wie ursprünglich geplant – von einem 100-Meter-Radius um die genannten Einrichtungen, statt um 100 Meter Sichtweite von den Eingängen aus.

Deutlich wird jedoch: In der praktischen Umsetzung wird schwer zu ermitteln sein, wo gekifft werden darf und wo nicht – zumal es in der Berliner Innenstadt viele Kinderläden und ähnliche Einrichtungen gibt, die ebenfalls unter die Regelung fallen dürften.

Niklas Schrader, drogenpolitischer Sprecher der Linksfraktion im Abgeordnetenhaus, würdigte die Legalisierung auf der Plattform „X“ zwar als „richtigen Schritt“. Aber er kritisierte mit Verweis auf die Karte: „Die Beschränkungen im Cannabisgesetz sind zu eng, die Abstandsregeln beim Konsum sind absurd.“

Kein Kiffen im Knast

Trotz der gesetzlichen Erlaubnis des Cannabis-Konsums bleibt in Berliner Gefängnissen das Kiffen verboten - parallel zum Verbot von Alkohol. „Das Gesetz (...) wird keine unmittelbaren Auswirkungen auf den Vollzugsalltag innerhalb der Berliner Justizvollzugsanstalten haben“, antwortete der Senat auf eine Linken-Anfrage am Dienstag. „Das bereits in den Hausordnungen aller Berliner Justizvollzugsanstalten geregelte generelle Verbot auch für Cannabis und Cannabisprodukte bleibt nach Inkrafttreten des Konsumcannabisgesetzes bestehen.“

Übergeordnetes Ziel der Regeln im Gefängnis sei die Sicherheit und Ordnung und ein gewaltfreies Klima in der JVA, so der Senat. Die sich beim Konsum von Sucht- oder Rauschmitteln entfaltende Wirkung stelle eine „erhebliche Gefährdung der Sicherheit und Ordnung durch unkontrolliertes Verhalten der konsumierenden Person dar“. 

SPD-Innenexperte Matz: Nur selten ein Fall für die Polizei

Der Innenexperte der SPD-Fraktion, Martin Matz, sagte dem Tagesspiegel Ende Februar: „Wir müssen uns alle noch an ein Cannabisgesetz gewöhnen – einfach weil es noch nie eines gab.“ Die Frage nach Konsumkontrollen werde sich viel seltener stellen, als jetzt alle glaubten. „(Nikotin-)Rauchen in Bürogebäuden oder öffentlichen Gebäuden ist beispielsweise auch verboten, aber dafür braucht man kein Kontrollpersonal. Trotzdem funktionieren solche Verbote“, sagte Matz. Er gehe davon aus, dass nur in seltenen Fällen die Polizei gerufen werde, weil zwei Personen über die Nichteinhaltung des Konsumverbots in Streit geraten seien.

„Die Auswirkungen, entsprechenden Handlungsfelder und Zuständigkeiten wird der Berliner Senat sehr zeitnah diskutieren und die notwendigen Schritte einleiten“, teilte eine Sprecherin der Gesundheitsverwaltung mit. „Aus Sicht der Senatsgesundheitsverwaltung müssen dabei im Besonderen die Präventions- und Aufklärungsarbeit sowie der Kinder- und Jugendschutz Berücksichtigung finden.“

CDU-Innenexperte Dregger: „Völlig unkontrollierte Verbreitung“

Der innenpolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Burkard Dregger, kritisierte die Legalisierung stattdessen allgemein: „Wer dieses Gesetz entworfen hat, muss das Falsche geraucht haben“, sagte er dem Tagesspiegel. Das Gesetz der Ampel führe zu einer „völlig unkontrollierbaren Verbreitung von Cannabis und einem unverantwortlichen Anstieg des Cannabiskonsums und der Zahl der Konsumenten“. Die Bundesregierung mache sich „zum Erfüllungsgehilfen der Organisierten Kriminalität“.

In Dreggers Fraktion gibt es Skepsis, ob die kontrollierte Freigabe von Cannabis den Handel der Droge auf dem Schwarzmarkt effektiv verhindert. „Es wird immer einen Schwarzmarkt geben“, sagte der gesundheitspolitische Sprecher der Fraktion, Christian Zander, der „Berliner Morgenpost“. „Vieles läuft über den Preis.“ Es müsse darauf geachtet werden, dass Cannabis auf dem Schwarzmarkt nicht günstiger als in den vorgesehenen Cannabis Social Clubs zu erhalten sei. Händler auf dem Schwarzmarkt müssten ihre Produkte schließlich nicht versteuern.

Folgen für den Schwarzmarkt

Der drogenpolitische Sprecher der Grünen-Fraktion, Vasili Franco, sieht das etwas anders. „Die jahrelange Verfolgung von Konsumentinnen und Konsumenten ist falsch“, sagte er. „Die Ressourcen, die frei werden, könnten schließlich für die Verfolgung der Organisierten Kriminalität verwendet werden. „Die aktuelle Politik spielt dem Schwarzmarkt in die Hände, wie das gestiegene allgemeine Konsumverhalten von Cannabis zeigt.“

© IMAGO/aal.photo/IMAGO/Piero Nigro / aal.photo

Der Schwarzmarkt wird auch nach seiner Einschätzung nicht mit einem Mal vollständig ausgetrocknet sein. „Die Anbauklubs und der Eigenanbau werden positive Effekte auf die Reduzierung des Schwarzmarkts haben. Er wird im überschaubaren Rahmen kleiner werden.“

Die Entwicklung hänge unter anderem davon ab, wie viele Clubs sich anmelden würden und wie viele Menschen Zugang zu Cannabis hätten. Dass die Preise in den Clubs höher sein werden als auf dem Schwarzmarkt, hält er ebenfalls für denkbar, sieht das aber nicht als gravierendes Problem: „Die Konsumenten werden lieber einen kleinen Aufpreis zahlen, wenn sie genau wissen, woher das Produkt stammt.“

Der Bundestag hatte im Februar ein Gesetz der Ampel-Koalition beschlossen, mit dem Besitz und Anbau der Droge zum 1. April mit Vorgaben für Volljährige zum Eigenkonsum legal werden sollen. Erlaubt werden soll für Erwachsene ab 18 Jahren grundsätzlich der Besitz von bis zu 25 Gramm Cannabis zum Eigenkonsum.

Scharf kritisierte damals der Landeschef der Gewerkschaft der Polizei, Stephan Weh, den Bundestagsbeschluss: Wer Cannabis „in dieser Form legalisiert, braucht weder von besserem Kinder- und Jugendschutz noch der Austrocknung des Schwarzmarkts noch einer Arbeitserleichterung für die Sicherheitsbehörden zu sprechen“, erklärte Weh. „Wir werden die Folgen der Legalisierung bundesweit im Straßenverkehr erleben und die gravierenden Auswirkungen auf die Begleit- und Beschaffungskriminalität besonders in der Hauptstadt spüren.“ (mit dpa)

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