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Berlin: Achtung, Herr Doktor! Kamera läuft

Als Klinik hat das Zehlendorfer Oskar-Helene-Heim schon lange ausgedient. Als Drehort für Arztszenen in Film und Fernsehen ist es hochbegehrt

Bei der Operation anfangs keine Komplikationen. Wie durch Butter gleitet das Skalpell, Blutdruck normal. Plötzlich Hektik, Apparate spielen verrückt, signalisieren Herzrhythmusstörungen. Alarm!

Alarm? Von wegen! Ist alles nur Spiel, doch genau hier liegt das Problem. So ein Überwachungsautomat ist ja nicht blöd. Dem bleibt zwar verborgen, dass er diesmal nur Kulisse ist für die neueste Vorabend-Arztserie, aber natürlich merkt er, dass es dem angeblich um sein Leben ringenden Patienten ganz prima geht. Jetzt einfach blinken und piepen, bloß weil es im Drehbuch steht? Er ist doch kein Schauspieler.

Ein medizinisches Standardproblem bei Dreharbeiten: Die Geräte sind echt, vom Hersteller geliehen. Aber sie machen nicht das, was die Filmleute wollen. Oder nur nach Manipulationen, aber danach müssen sie zum TÜV, bevor sie wieder zum echten Einsatz kommen.

Da fährt man lieber gleich ins Oskar-Helene-Heim, gewissermaßen das medizinische Zentrum der hiesigen Filmindustrie. Als Klinik haben die traditionsreichen Gebäude an der Zehlendorfer Clayallee schon vor einiger Zeit ausgedient, doch seit gut einem Jahr geben sie, gemietet von der Firma „Flatliner“, den Rahmen ab für eine medizinische Scheinwelt, die man dann in Werbespots, in Fernsehfilmen und -serien oder auch im Kino besichtigen kann. Unlängst war sogar Jodie Foster da, drehte für den Thriller „Flightplan“ eine Szene, in der sie ihren toten Mann identifizieren muss. Ein Fall für die Pathologie, die es in der orthopädischen Klinik nicht gab, also wurde die ehemalige Küche umgerüstet, eine triste Szenerie mit weißgrauen Fliesen und viel Chrom.

„Flatliner – Medizin im Film“ – der Name spielt auf den Titel eines Films mit Julia Roberts wie auch auf die Nulllinie bei medizinischen Monitoren an. Die Idee zu dem Spezialservice hatte Jörg Meier. Im Medizin- und Psychologiestudium hatte er sich schon weit vorgearbeitet, als er von einer Bekannten gebeten wurde, bei der Vorabendserie „Herzschlag“ als Fachberater auszuhelfen. Das war dringend geboten, selbst ein schlichter Zuschauer hätte gemerkt, dass das medizinische Personal von Spritzen, Skalpellen, Tupfern keine Ahnung hatte. Eine Marktlücke mit Riesenpotenzial, wie Meier richtig erkannte. Der Gedanke, daraus einen Beruf zu machen, lag nahe. Und nach einigen Startschwierigkeiten war bald der Punkt erreicht, an dem Meier selber Hilfe brauchte: Stefan Schröder stieg als Kompagnon ein, zuständig für das Betriebswirtschaftliche.

Mittlerweile hat „Flatliner“ Filmproduktionen wie „Die Bourne Verschwörung“, „Der Untergang“ oder „Good Bye, Lenin!“ unterstützt, Serien wie „Polizeiruf 110“, „Wolfs Revier“, „Edel & Starck“ und „Für alle Fälle Stefanie“. Die Firma hatte die Klinik leer übernommen, aber wer heute einen fertig eingerichteten OP-Saal, eine Intensivstation, eine Arztpraxis, ein Wartezimmer, einen Rettungswagen oder eben eine Pathologie braucht: alles da.

Auch außerhalb wird verarztet: In Hamburg und auf Capri wurden Drehteams medizinisch ausgestattet, bei Bedarf wird Fachpersonal zur medizinischen Beratung mitgeliefert. Und sollten gar bei fiktiver Schwangerschaft Ultraschallfotos von Embryos in verschiedenen Entwicklungsstadien benötigt werden – auch damit kann „Flatliner“ dienen, dank Klinik-Unterstützung und natürlich nur mit Einwilligung der Eltern. Selbst einen vom Hersteller umgebauten Defibrillator kann man bieten. Alles ganz authentisch und daher überzeugend im Kino wie im Fernsehen. Nur eines bringt er nicht zustande: belebende Stromstöße.

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