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Vor elf Monaten kaufte Mayada Abbas ein Reihenhaus in Lichtenrade. Weil sie bei dem geplanten Ausbau des Kirchhainer Damms mitzahlen müsste, will sie nun wieder ausziehen.

© Paul Zinken

Ärger um Sanierungskosten: Garten wird zur Straße – Anwohner müssen dafür zahlen

Wenn in Berlin Straßen saniert werden, müssen die Eigentümer anliegender Häuser oft mitzahlen. Grund dafür ist das Straßenausbaubeitragsgesetz. FDP und CDU wollen es kippen, die Linke will es überarbeiten.

Mayada Abbas steht kurz davor, alles hinzuwerfen: „Wenn nichts passiert, müssen wir hier wieder weg.“ Seit 16 Jahren lebt die gebürtige Irakerin mit ihrer Tochter in Lichtenrade. Wegen der Ruhe und der Beschaulichkeit. Aber damit ist es nun bald vorbei. Der Kirchhainer Damm, wo sie vor gerade elf Monaten ein kleines Eigenheim erwarb, wird zum vierspurigen Pendler-Highway ausgebaut. Und dafür wird sie jetzt auch noch zur Kasse gebeten. Nicht nur für sie steht fest: „Wir werden hier richtig verschaukelt.“

Schuld daran ist das sogenannte Straßenausbaubeitragsgesetz. Schon 110 Hauseigentümer in Berlin haben damit Bekanntschaft gemacht, weil die Straßen vor ihrer Haustür erneuert werden. Je nach Größe des Grundstücks und Dichte der zulässigen Bebauung werden dann schon mal 20 000 Euro für die Anwohner fällig – der Spitzenwert für ein gewerblich genutztes Grundstück beträgt 143 000 Euro. So nimmt auch die Zahl der Widersprüche und Klagen zu. Und nun wird das umstrittene Gesetz auch ein Thema im Wahlkampf. „Das Gesetz muss weg“, sagt der Bauexperte der FDP-Fraktion Klaus-Peter von Lüdeke. Er fordert die nicht von der SPD geführten Bezirke sogar dazu auf, „das Gesetz nicht anzuwenden“. Lüdeke zufolge versucht der Senat mit dem Gesetz, den „Instandhaltungsrückstau“ der mit Schlaglöchern übersäten Straßen auf die Anlieger abzuwälzen.

Eigentlich verbietet das Gesetz solche Tricks: Nur wenn die Straßen ausgebaut und die Erschließung der Siedlungen verbessert werden, sollen die Anlieger sich finanziell beteiligen, weil sie von der Verbesserung profitieren – bei Reparaturen nicht. „Aber in der Verwaltungspraxis ist das schwer auseinanderzuhalten, vielleicht ja auch nicht ganz unabsichtlich“, sagt David Eberhart, Sprecher des Verbandes Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen. Und nicht nur private Anlieger, sondern auch Wohnungsunternehmen trifft es hart: Weil die Kosten für den Straßenausbau nicht auf die Mieter umgelegt werden dürfen, müssen diese die Beträge aus den Rücklagen finanzieren – auf Kosten wichtiger Reparaturen an den Gebäuden selbst.

Beim Verband Deutscher Grundstücksnutzer organisiert man den Widerstand gegen das Gesetz: „Betroffene sollten innerhalb eines Monats Widerspruch einlegen“, sagt Präsident Peter Ohm. Sonst sei der Bescheid rechtskräftig. Und dann profitierten die Anlieger auch nicht, wenn ein anderer aus der Straße erfolgreich klagt, wie zum Beispiel in Marzahn-Hellersdorf. Dort einigten sich Betroffene mit dem Bezirk schließlich auf einen Nachlass in Höhe von 30 Prozent auf den Beitragsbescheid. Eine generelle Anfechtung des Gesetzes sei nur auf politischem Wege möglich, etwa nach den Wahlen.

Denn auch die CDU-Fraktion ist gegen das Gesetz. Und die Linke will eine Entschärfung bei Härtefällen. Dass Anlieger nicht auch noch für Straßenbeleuchtung zahlen müssen, setzte sie schon durch. Uwe Doering (Linke) spricht weiter von einem „nicht praxistauglichen Gesetz“. So dürften Eigentümer, die Teile ihres Gartens für den Straßenausbau opfern müssen, nicht außerdem noch dafür bezahlen. Auch wenn eine Anlieger- zur Durchgangsstraße ausgebaut wird, müssten verringerte Beiträge gelten. Denn davon habe der Anlieger selbst ja nichts.

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