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Berlin: Afghanisches Familientreffen

Abed Nadjib nimmt das Foto seines kleinen Enkels Niklas Karim hoch. "Schon ihm zuliebe setze ich mich dafür ein, dass wieder Frieden einkehrt in Afghanistan.

Abed Nadjib nimmt das Foto seines kleinen Enkels Niklas Karim hoch. "Schon ihm zuliebe setze ich mich dafür ein, dass wieder Frieden einkehrt in Afghanistan." Doch in diesen Stunden ist keine Zeit für Sentimentalitäten. Am Telefon das Außenministerium, am Handy das ARD-Morgenmagazin, auf dem Schreibtisch Briefe von Sicherheitsfirmen und Entwicklungshilfevereinen, vor der Bürotür Kamerateams und Reporter. Als der 52-jährige Botschaftsrat vor einem Jahr von Bonn nach Berlin kam, konnte niemand ahnen, dass die kleine Botschaft des Islamischen Staates Afghanistan (Nordallianz) in Mitte zur Schaltstelle internationalen Weltgeschehens werden würde.

Nicht, dass Abed Nadjib sich in Dinge einmischt, für die er nicht zuständig ist. "Die UNO ist Veranstalter, die Bundesrepublik Gastgeber." Aber doch zieht der Mann mit der ruhigen Stimme mit die Fäden. Am Morgen hat er mit dem Afghanistan telefoniert, "aber die Liste der zehn oder elf Nordallianz-Vertreter stand noch nicht fest". Egal, wer kommt: Najib kennt die meisten persönlich. "Wir sind alle irgendwie verwandt." Onkel, Neffe, Cousin, zusammen zur Schule gegangen, im gleichen Ort gewohnt.

Kein Wunder also, dass auch Mitarbeiter des Auswärtigen Amtes bei ihm um Rat fragen. Dann der Anruf des afghanischen Frauenvereins. Ob Nadjib eine Burka hat, zu Demonstrationszwecken? Hat er. "Für meine Frau", scherzt der 52-Jährige augenzwinkernd. Seit 32 Jahren ist er in Deutschland, hat die meiste Zeit in Braunschweig gelebt, Frau und vier Kinder sind noch dort. Er will seine Landsleute bei ihrer Ankunft in Deutschland am Flughafen empfangen, mit Dolmetschern aushelfen, die Nordallianz auch zu Info-Gesprächen nach Berlin laden. "Die 80 000 Afghanen hier wollen wissen, was geschieht" - in Berlin leben rund 1000. Abed Nadjib möchte der Nordallianz gern Berlin zeigen: "Es gibt viele Parallelitäten." Auch diese Stadt war zerstört, wurde aufgebaut, das soll Mut machen. "Ich will auch den Prozess der Wiedervereinigung vermitteln, als Vorbild für unsere Volksgruppen." Nadjib - ein diplomatischer Strippenzieher.

Annette Kögel

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