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Die Steueraffäre um Schmitz sorgte zuletzt für Aufruhe in der Berliner Politikbetrieb.

© dpa

Aktuelle Stunde im Abgeordnetenhaus in Berlin: Koalition will nicht über Schmitz-Affäre reden

Die Berliner Koalition will bei der heutigen Aktuellen Stunde im Abgeordnetenhaus nicht über Schmitz reden. Stattdessen wird zum zweiten Mal in Folge über die Zukunft des Tempelhofer Feldes debattiert. Die Grünen haben noch ein anderes Ansinnen – sie wollen Energieberichte vom Senat.

Von
  • Ulrich Zawatka-Gerlach
  • Sabine Beikler

Das Rechtsgutachten des Jura-Professors Ulrich Battis, das die Senatskanzlei in Auftrag gab, um das Verhalten des Regierenden Bürgermeisters Klaus Wowereit (SPD) in der Schmitz-Affäre juristisch zu untermauern, hat 7500 Euro gekostet. Das wurde am Mittwoch im Hauptausschuss des Abgeordnetenhauses bekannt. Dagegen schickte der Rechtsanwalt Reiner Geulen seinen „Rechtlichen Vermerk“ zum selben Fall unaufgefordert und per Fax ins Rote Rathaus.

Geulen hat das Land Berlin bereits mehrfach bei Rechtsstreitigkeiten vor Gericht vertreten. Die Grünen würden gern wissen, was ihn verleitet hat, ohne Auftrag und offenbar gratis in der „Sache Schmitz“ tätig zu werden. In der Aktuellen Stunde des Abgeordnetenhauses am Donnerstag wollen SPD und CDU aber nicht über das Thema sprechen. Um dies zu verhindern, setzte die Koalition durch, dass das Parlament zum zweiten Mal hintereinander über die Zukunft des Tempelhofer Feldes debattieren wird.

Trotzdem wird das Parlament, wenn auch nicht in der Aktuellen Stunde, über die Affäre reden. Grundlage dafür ist ein Antrag von Grünen, Linken und Piraten mit dem Titel: „Steuerhinterziehung aktiv entgegentreten“. Es sei inakzeptabel, dass sich ein Staatssekretär der Steuerhinterziehung schuldig mache, heißt es darin.

Ebenso inakzeptabel sei es, dass der Regierende Bürgermeister mehr als eineinhalb Jahre Kenntnis davon hatte, ohne rechtliche und politische Konsequenzen zu ziehen. „Das missbilligt das Abgeordnetenhaus.“ Im Fall Schmitz sei der Eindruck entstanden, dass strafbares Verhalten eines hohen politischen Beamten akzeptiert werde, solange es nicht an die Öffentlichkeit dringe. Der Senat müsse Steuerhinterziehung durch mehr Steuerprüfungen und mehr Steuerprüfer erschweren, fordert die Opposition.

Grüne: Senat verstößt gegen Energiespargesetz

Die Grünen fordern vom Senat jährliche Energieberichte – in der Frage jedoch, ob diese überhaupt vorgelegt werden müssen, gehen die Rechtsauffassungen auseinander. Der Senat habe gegen die Berichtspflicht verstoßen, argumentierte Grünen-Rechtsbeistand Hartmut Gaßner am Mittwoch in der mündlichen Anhörung vor dem Landesverfassungsgerichtshof. Der Senat hingegen sieht keine Berichtspflicht.

Zudem müssten Energieberichte zum Teil durch externe Fachleute erstellt werden. Doch dafür habe es keine Haushaltsmittel gegeben, sagte Lothar Stock, Leiter des Sonderreferates Klima und Energie in der Stadtentwicklungsverwaltung. Stattdessen habe man entschieden, ein neues Gesetz zu erarbeiten.

Seit 1990 gibt es das Berliner Energiespargesetz. Darin ist auch festgeschrieben, dass der Senat jährlich einen Energiebericht vorlegt. Der letzte Bericht wurde 2003 vorgelegt. Die Grünen sind deshalb mit einer Organklage vor das Verfassungsgericht gezogen und wollen den Senat zwingen, die Berichte vorzulegen. Es reicht juristisch aber nicht aus, dem Senat ein Verstoß gegen das Energiespargesetz nachzuweisen. Die Grünen müssen belegen, dass der Senat gegen die Verfassung von Berlin verstößt, weil er die Berichtspflicht gegenüber dem Abgeordnetenhaus missachte.

Nach Auffassung des Rechtsbeistands Jürgen Krafczyk für den Senat formuliert das Energiespargesetz lediglich eine „politische Bitte“ und keine Pflicht. Im Übrigen habe man das Abgeordnetenhaus „umfänglich“ über die Energiepolitik informiert und Energie- und Kohlendioxid-Bilanzen vorgelegt. Grünen-Politiker Michael Schäfer hielt dagegen, dass diese Bilanzen keinen Überblick über die Wirksamkeit der Maßnahmen geben würden. Der SPD-Abgeordnete Daniel Buchholz sagte auf Anfrage, die Energiepolitik sei im Umbruch. Deshalb sei es „ein Stück weit nachvollziehbar, dass Berichte nicht vorliegen“. Entscheiden muss der Verfassungsgerichtshof: Er will sein Urteil am 11. April verkünden.

Dynamische Fragerunde zum Volksentscheid Tempelhof

Schärfere Debatten, mehr Dynamik im Parlamentsablauf und Bürgerbüros für Berliner Abgeordnete: Das sind die Ziele der beschlossenen Parlamentsreform, mit der das Abgeordnetenhaus Politik für die Bürger transparenter vermitteln will. Bisher haben 37 Abgeordnete einen Antrag auf Übernahme der Mietkosten für Bürgerbüros gestellt, sagte Parlamentspräsident Ralf Wieland (SPD) am Mittwoch.

Auch die Geschäftsordnung wurde im Zuge der Reform geändert. Die Plenarsitzung am heutigen Donnerstag beginnt um 11 statt wie bisher um 13 Uhr und endet spätestens um 19 Uhr. Das wichtigste Thema, die Aktuelle Stunde, wird an den Anfang gesetzt. Die Koalition hat sich mit dem Thema „Tempelhof-Volksentscheid am 25. Mai“ durchgesetzt.

Im Anschluss daran werden Senatoren eine Stunde lang Fragen gestellt. Bisher waren die Antworten fast immer erwartbar, denn die Fragen wurden vorher eingereicht. Künftig sind die Fragen spontan und werden in zwei gesetzten Runden entsprechend der Fraktionsgröße gestellt. Es beginnt die SPD, gefolgt von der CDU, den Grünen, Linken und Piraten. Dann folgen die Themen, die die Fraktionen als Prioritäten vorgesehen haben.

Für alle anderen anschließenden Beratungen oder Debatten hat jede Fraktion eine Gesamtredezeit von 35 Minuten. Das bedeutet, dass sie ihre Redezeit je nach Themengewichtung aufteilen können. Große Anfragen von Fraktionen an einen Senator fallen komplett weg. Diese Anfragen wurden bisher am Abend in großer Ausführlichkeit beantwortet – der vorbereitete Text wurde abgelesen. Oder sie wurden von der Tagesordnung gestrichen und schriftlich beantwortet. Die Ausnahme ist eine noch nicht behandelte Anfrage der Grünen über „Berlin als Asbesthauptstadt“. Diese wird in der heutigen Plenarsitzung noch behandelt.

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