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Alba: Ein Spitzenteam – und auch im Feiern meisterlich

Nach dem lang ersehnten Meistertitel empfing Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit die Basketballer im Roten Rathaus. Abends feierten 2000 Fans in der Schmeling-Halle

Plötzlich stürmte die Meute los. Dutzende Alba-Fans, Erkennungszeichen gelbes T-Shirt, stürzten aufs Spielfeld des Telekom Dome in Bonn. Die Spieler hatten keine Chance - und sie machten auch keine Versuche, sich zu wehren. Philip Zwiener war der Erste, an dem nach dem 88:79-Sieg nach Verlängerung im vierten Finalspiel gegen die Telekom Baskets Bonn ein Fan hing. Seine Mannschaftskollegen bewahrte allein ihr Größenvorteil davor, in der Menge zu verschwinden. So blieben sie sichtbar in ihren T-Shirts mit dem Aufdruck "Es war Zeit". 2003 hatte Alba zum siebten und bisher letzten Mal den deutschen Meistertitel geholt, danach war der Klub den eigenen Ansprüchen nicht mehr gerecht geworden. "Der Verein war so durstig nach diesem Erfolg", sagte Geschäftsführer Marco Baldi.

Gestern wurde das Team im Roten Rathaus von Klaus Wowereit empfangen, von dort ging es zur abendlichen Meisterparty in die Max-Schmeling-Halle. Dort feierten die Spieler mit 2000 Fans bei Freibier den Meistertitel. Gefeiert wurde freilich schon am Vortag. Da rief Geschäftsführer Marco Baldi mit heiserer Stimme: "Die Mannschaft hat sich durchgebissen." Weil es so ein denkwürdiger Tag war, griff sogar Aufsichtsrats-Chef Axel Schweitzer, eigentlich Mineralwasser- und Obst-Liebhaber, zu Zigarre und Bierbecher. Mit seinem Bruder Eric hielt er sich bescheiden im Hintergrund.

Dabei gäbe es ohne die Familie Schweitzer Alba Berlin nicht. Im Frühjahr 1991 ließ sich der inzwischen verstorbene Franz-Josef Schweitzer, Chef der Firma Alba Recycling, im Europacenter die Haare schneiden. Im Salon traf er Gerd-Ulrich Schmidt, den Mannschaftsarzt und Vizepräsidenten des Basketball-Erstligisten BG Charlottenburg. Der Klub stand vor dem Konkurs und suchte einen Sponsor für die Endspiele, es ging um 60 000 Mark. Schweitzer sagte tatsächlich seine Unterstützung zu.

Der Name bleibt, das Umfeld wandelt sich

Und so kam es, dass sich der Klub fortan Alba Berlin nannte. Alba heißt auch eine italienische Stadt, den Namen gewählt hat Franz-Josef Schweitzer allerdings, um im Branchenbuch weit vorne zu stehen. Inzwischen verbindet man mit Alba eher Basketball als Müll, und es ist normal geworden, den Namen des Sponsors zu brüllen, um die Profis anzutreiben. Das funktioniert sonst nur bei Bayer Leverkusen. Niemand käme wohl auf die Idee, Frankfurts Basketballer mit "Deutsche Bank"-Rufen anzufeuern oder die Bonner mit "Telekom"-Sprechchören. Marketing-Strategen hätten es nicht besser machen können.

Der Name ist geblieben, das Umfeld hat sich gewandelt. 1996 zog Alba in die Max-Schmeling-Halle um und wurde vom West-Berliner zum Gesamt-Berliner Verein. Und das nicht nur durch die zentrale Lage im Stadtplan. Zu Hertha gehen und gingen mehr West-Berliner, zu den Eisbären mehr Ost-Berliner. Zu Alba kommen die einen wie die anderen. Anfangs war es ein kleines akademisches Fachpublikum, inzwischen ist Alba Familienverein. In der Bundesliga-Hauptrunde gab es gerade mit durchschnittlich 6908 Fans einen Zuschauerrekord. Nie strömten mehr Berliner zu Alba als jetzt.

"Die Fans haben das neue Team angenommen und gesehen, dass sich was bewegt", sagt Baldi. In den vergangenen Jahren war immer wieder ein Großteil des Teams ausgetauscht worden, Alba wollte den Erfolg mit Macht zurückkaufen. Immer mehr Ausländer ersetzten die Berliner Jungs, welche die Ära Alba mit den vielen Titeln mitgeprägt hatten. Der Klub lief Gefahr, im Kampf nach vergangenem Ruhm seine Identifikationsfiguren zu verlieren.

Doch es hat sich gezeigt, dass es keiner Berliner und auch nicht übermäßig vieler Deutscher bedarf, um anerkannt zu werden. Wie litten die Berliner mit dem kroatischen Publikumsliebling Matej Mamic, als er sich Ende 2005 bei einem Spiel so schwer verletzte, dass er vorübergehend gelähmt war. In dieser Saison sind es der Deutsche Patrick Femerling, die Amerikaner Julius Jenkins und Immanuel McElroy sowie der Serbe Aleksandar Nadjfeji, denen die Zuneigung der Fans gilt. McElroy und Nadjfeji stießen erst im Februar zum Team - überzeugten aber sofort mit großem Einsatz und Führungqualität.

Seit Herbst fahren 120 Alba-Müllwagen mit den Bildern der Profis durch die Stadt. Körper und Köpfe sind seither überall präsent - nach dem begeisternden Titelgewinn hat die Mannschaft auch wieder ein Gesicht.

Helen Ruwald

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