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Berlin: Alles Liebe

Das Museum für Kommunikation zeigt ab heute „Botschaften des Herzens“ der vergangenen 250 Jahre

„Liebe Debbie, du wirst immer meine beste Freundin sein“, schrieb Bill Clinton – da war er fünfzehn und seine Angebetete elf Jahre alt. Im Museum für Kommunikation gehört die krakelig mit Bleistift geschriebene „love note“ des späteren US-Präsidenten zu den ab heute dort ausgestellten Zeugnissen romantischer Liebe.

Unter dem Motto: „liebe.komm.Botschaften des Herzens“ wird unterhaltsam belegt, wie in den vergangenen 250 Jahren Liebe kommuniziert wurde – von Liebesbriefen und Liebesgeschenken aller Art und Güte bis hin zum heutigen Chat im Internet. Ein Postillon d’Amour aus Meissener Porzellan ist sozusagen der Dreh- und Angelpunkt der Ausstellung, die belegen will, dass Liebe vor allem Kommunikation ist. Quasi vom Anfang bis zum Happyend oder Liebesleid, dem ein Neuanfang folgt, wird der Besucher zu Höhen und Tiefen einer Liebesbeziehung geführt und Kommunikation als Lebenselixier der Liebe dokumentiert. Von Goethes „Leiden des jungenWerther“ bis hin zu rührenden Kühlschrank-Episteln einer Schweizer Fern-und-nah-Ehe, von E-Mails einer Liebe zwischen Deutschland und Georgien bis zur einvernehmlichen Scheidung von Arthur und Olga Schnitzler am 7. Juli 1921 reichen die amüsanten Zeugnisse für Herzenskommunikation.

Clintons unbekannter Debbie ist dabei kein Happyend beschieden. Und ob die in der Ausstellung dokumentierte Heirat von „Fräulein Berta Mussbeck und Herrn Otto Lipp“ die dauerhafte Krönung ihrer Liebe war, muss auch offen bleiben. Dafür aber nicht, was das Brautpaar 1904 für seinen Hochzeitsschmaus zahlte – 401,50 Mark, darunter 40,80 Mark für 34 Rahmschnitzel mit Kartoffel, Salat und 9,30 Mark für 31 Sherrys.

Wer Jahre später 1942 seine Liebe mit einer Heirat krönte, hatte oft weder Sherry noch den Mann neben sich, sondern zur amtlichen Ferntrauung nur dessen Stahlhelm im Visier. Liebesbriefe an Adolf Hitler gehören zu den ausgestellten vergeblichen „Botschaften des Herzens“ und damit zum ernsteren Teil des unterhaltsamen Rundgangs zum Thema Liebe. Liefen die Frauen, die waschkörbeweise dem Führer Liebe und einen Kinderwunsch mit ihm antrugen, doch Gefahr, in der Nervenheilanstalt zu enden.

Vergnüglicher ist es da, von einem Polsterbett aus an der Decke über sich filmische Liebesschnipsel zu sehen. Auch den Geruchssinn kann man testen – ob man sich riechen kann, ist das A und O einer Beziehung. Durch eine rosarote Brille liest man, ob man mit seiner Nase beim „Duft der Liebe“ richtig liegt. Dass man auch auf dem Kopf kommuniziert, beweisen die Schwarzwälderinnen mit ihren Bollenhüten – sind die schwarz, ist die Trägerin vergeben, rote Bollen signalisieren noch gesetzliche Einsamkeit.

Wer im Berliner Tanzlokal „Resi“ einsam war, lud sich dagegen mit einem optischen Telegrafen Gesellschaft an den Tisch. Auch in der Ausstellung selbst wird einsamen Herzen abgeholfen – im Modell der „Bräutigamseiche“ können sie ihre Kontaktwünsche hinterlassen. So heißt nahe dem holsteinischen Eutin ein Baum, der seit 1891 als Kontaktbörse dient und inzwischen sogar von der Post bedient wird.

Museum für Kommunikation, Leipziger Straße 16, bis 3. September, dienstags bis freitags 9 bis 17 Uhr, Wochenende 11 bis 19 Uhr, Infotelefon: 202 94204.

Heidemarie Mazuhn

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