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Berlin: Alles muss raus

Mehr als zehn Jahre ist Berlins Bankenskandal her: Nun sollen viele Immobilien verkauft werden.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Das Land Berlin will die „Skandalimmobilien“ der früheren Bankgesellschaft, soweit sie außerhalb der Stadt liegen, in den nächsten Jahren komplett verkaufen. Nur die 14 000 Wohnungen und 6900 Appartements in Berlin sollen langfristig in öffentlicher Hand bleiben. Dafür zuständig ist die landeseigene Firma Berlinovo, die aus der Berliner Immobilien-Holding (BIH) hervorging. Deren Geschäftsführer Roland Stauber kündigte am Mittwoch an, dass sogar Wohnungsbestände in Berlin hinzugekauft werden könnten, „um die wohnungspolitischen Ziele des Senats zu unterstützen“.

Das sei aber Zukunftsmusik, dämpfte Finanzsenator Ulrich Nußbaum (parteilos, für SPD) die Erwartungen. Und eine weitere städtische Wohnungsbaugesellschaft werde nicht gebraucht. Es gehe erst einmal darum, den „Gemischtwarenladen“ der Fondsimmobilien aufzulösen, der Berlin nach dem Bankenskandal 2001 einige Milliarden Euro gekostet hat. In den 24 Skandalfonds stecken beispielsweise schrottige Plattenbauten, Kinos, Hotels, Tankstellen, Baumärkte und Einkaufszentren, verteilt auf alle 16 Bundesländer. Es gibt auch noch acht Immobilien in den USA und Großbritannien. Sie sollen spätestens 2016 verkauft werden.

Auf den Liegenschaften lasten insgesamt 3,74 Milliarden Euro Kredite, dem steht ein Immobilienwert von 3,86 Milliarden Euro gegenüber. Überdurchschnittlich hoch verschuldet ist der Berliner Wohnungsbestand, die meisten Häuser stehen in Marzahn-Hellersdorf, Pankow und Spandau. „Wir sind Spezialist für einfache Wohnlagen außerhalb des S-Bahnrings“, sagte Berlinovo-Chef Stauber. Die Durchschnittsmiete liegt trotzdem bei 5,50 Euro je Quadratmeter, die Leerstandsquote beträgt nur 1,2 Prozent. Auch die Appartementhäuser in Berlin, die zur Konzerntochter Arwobau gehören, finden zunehmend Kunden. Vor fünf Jahren waren sie nur zu 65 Prozent ausgelastet, jetzt sind 90 Prozent vermietet. Frühere Überlegungen, die Appartements zu verkaufen, werden nicht weiter verfolgt.

Die Fonds der 2007 verkauften Bankgesellschaft Berlin gehören inzwischen zu 98 Prozent dem Land Berlin. Der vom damaligen Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) begonnene Rückkauf der Fondsanteile, von denen sich ehemals zehntausende Kleinanleger hohe Renditen versprachen, wurde zu einer Erfolgsgeschichte. Jetzt gibt es nur noch einen harten Kern von 1500 Zeichnern, die möglichst alle bis Ende 2014 abgefunden werden sollen. Einfach sei das nicht, räumte Stauder ein. „Ein Teil der Anleger ist verschollen, notfalls müssen wir sie mithilfe von Privatdetektiven finden.“ Dann gebe es heillos zerstrittene Erbengemeinschaften, von Privatinsolvenz betroffene Fondseigentümer und einige Zocker, die auf „vergoldete“ Rückkaufangebote hofften. „Die wird es aber nicht geben“, sagte Stauber. „Wir haben Zeit.“ Mit persönlicher Ansprache und maßgeschneiderten Angeboten sollen die Anleger überzeugt werden, ihre Anteile gegen angemessene Entschädigung abzugeben.

Sobald alle 24 Fonds zu 100 Prozent dem Land Berlin gehören, werden sie aufgelöst. „Ich werde Klaus Landowsky dann irgendwann eine Rechnung über die vielen Milliarden Euro schicken, die im Zuge des Bankenskandals versenkt worden sind“, kündigte Finanzsenator Nußbaum an. Der ehemalige CDU-Fraktionschef und Bankdirektor Landowsky wurde 2001 zur Symbolfigur des Finanzskandals. Er trat damals von allen Ämtern zurück, die Koalition von CDU und SPD zerbrach. Weder dem Land noch den Anlegern sei ein Schaden entstanden, behauptete Landowsky noch vor zwei Jahren. Nußbaum widersprach dem am Mittwoch vehement. Auch wenn die Fondsimmobilien jetzt in guten Händen seien – „die finanzielle Bilanz bleibt katastrophal“. Ulrich Zawatka-Gerlach

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