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Christian Stäblein, Bischof der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz.

© dpa/Monika Skolimowska

Als IM Roland Gefangene bespitzelt: Berliner Landesbischof Stäblein räumt Fehler der evangelischen Kirche im Umgang mit Stasi-Pfarrer ein

Viele Häftlinge in der DDR vertrauten ihre Sorgen einem Gefängnisseelsorger an. Doch der Mann war Stasi-IM und gab Informationen weiter. Jahrzehnte später äußert sich die Kirche.

Er war viele Jahre lang der einzige Pfarrer in den Gefängnissen der DDR: Eckart Giebeler, Pfarrer der Berlin-Brandenburgischen Landeskirche und seit 1953 beim Staat angestellter Gefängnisseelsorger. Und Inoffizieller Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit. Als IM Roland bespitzelte er Gefangene, seine Berichte füllten 15 Aktenordner mit je 300 Blatt.

Doch selbst nach der Wende konnte Giebeler noch weitermachen: Die Kirchenleitung der damaligen Evangelischen Kirche in Berlin-Brandenburg hielt die Vorwürfe gegen ihn für haltlos. Bis 1992 war der Theologe noch beim Brandenburger Justizministerium angestellt. Erst eine Recherche von Journalisten der ARD, die mit früheren Häftlingen gesprochen hatten, führte zu seiner Enttarnung.

Knapp 30 Jahre später bekannte die Kirchenleitung der heutigen Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz (EKBO) nun ihre Schuld im Umgang mit dem Theologen und dessen Opfern. „Eckart Giebeler hat systematisch das Beichtgeheimnis verletzt“, heißt es in einer Erklärung der Kirchenleitung, die Berlins Landesbischof Christian Stäblein am Sonntagabend bei einem Gottesdienst in der Berliner Marienkirche verlesen wollte und die von der EKBO vorab verbreitet wurde. „Dies ist und bleibt ein schweres Dienstvergehen und zieht in kirchenrechtlicher Hinsicht Konsequenzen nach sich.“

„Eklatanter Mangel an Verantwortungsübernahme“

Die Kirche sei aber nie gegen Giebeler tätig geworden, weil sie sich für einen Staatsbeamten nicht zuständig sah. Aus heutiger Sicht sei das ein Fehler gewesen, ein „eklatanter Mangel an Verantwortungsübernahme sowie eine Nichtbeachtung der geschädigten Menschen, die vor 1989 Opfer jenes Vertrauensbruches wurden“.

Vorausgegangen waren der Erklärung der Kirchenleitung Recherchen von Marie Anne Subklew-Jeutner, die über die Stasi-Mitarbeit Giebelers ein Buch geschrieben hatte. Auf Vermittlung der Brandenburger Aufarbeitungsbeauftragten Maria Nooke gab es zudem ein Treffen von Betroffenen mit Bischof Christian Stäblein.

Der Bischof hatte in den letzten Jahren bereits mehrere Schulderklärungen der EKBO veranlasst: So bat die Landeskirche auch queere Menschen um Vergebung für die Diskriminierungen, die ihnen in der Vergangenheit in der evangelischen Kirche widerfahren waren.

Und weitere Schuldbekenntnisse sind nicht ausgeschlossen. „Die Kirchenleitung verpflichtet sich, ihre Aufgabe zur Aufarbeitung der Geschichte der Kirche vor 1989 auch über den konkreten Fall der MfS-Tätigkeit von Giebeler hinaus fortzuführen“, heißt es in der im Gottesdienst verlesenen Erklärung.

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