zum Hauptinhalt

Berlin: Am besseren Ende des Kurfürstendamms

Rund um den Olivaer Platz wird der Boulevard immer nobler. Der klassische Teil am Kranzler-Eck hat sein Flair verloren

Bei etlichen Geschäften gehört es zum guten Ton, erst gar keine Preisschilder in die Schaufenster zu stellen. In ihnen sind feinste Anzüge und Kleider, Designer-Uhren, Schmuck, noble Taschen zu sehen, auch lederne Hundeleinen, für mehr als 400 Euro das Stück. Die Türen oder Portale werden oft von Sicherheitsleuten bewacht. Am Kurfürstendamm boomt das Geschäft mit edler Ware. Vor allem zwischen Uhlandstraße und Olivaer Platz hat der Boulevard kräftig mit internationalen Nobelmarken aufgeholt. Dafür scheint der Abschnitt rund um die Joachimstaler und die Fasanenstraße ins geschäftliche Abseits zu gleiten.

Besonders zwischen Uhland- und Schlüterstraße haben sich in letzter Zeit, vor allem in sanierten Gründerzeithäusern, viele Modeläden angesiedelt. Die meisten sehen aus wie Salons. Ein Kernstück dieser neuen Ku’damm-Welt ist der George-Grosz-Platz an der Ecke Schlüterstraße. Rundherum strotzt es von bekannten Namen: Bulgari, Cartier, Versace, Hermès, Porsche Design, Yves Saint Laurent, Aigner, Luis Vuitton, Tod’s etc. Von „Luxus-Magneten“ spricht Katrin Sperling von der (Händler-)Arbeitsgemeinschaft City, von einer „neuen Einmaligkeit des Kurfürstendamms im Vergleich mit internationalen Boulevards“. Die Zeit schlechter Prognosen seien wohl endgültig vorbei.

Auch wenn in der Nobel-Ecke ( im Vergleich zur Tauentzienstraße und dem Kurfürstendamm an der Joachimstaler Straße) weniger Passanten vorbeikommen und die Läden oft von vornehmer Leere sind, kommen die Geschäftsleute meist auf ihre Kosten. Hier macht eben nicht die Masse der Käufer den Umsatz. Viele Kunden sind Russen, Schweizer, Engländer und Japaner, auch Botschaftsangehörige. „Diese Vielfalt von internationalen Markennamen gibt es in Deutschland kaum an einer zweiten Stelle,“ sagt der Immobilienexperte Gottfried Kupsch, der die Entwicklung des Boulevards seit Jahren verfolgt.

Die Tauentzienstraße und der Kurfürstendamm – das sind für ihn drei Welten: An der Tauentzienstraße das Massenshopping mit bekannten Filialketten, viel Laufkundschaft, häufigen Veränderungen, großen Investitionen, etwa zuletzt beim KaDeWe. Ladenleerstand gibt es an der Straße nicht, obwohl die Quadratmetermieten von 100, stellenweise gar 150 Euro happig sind. Die zweite Welt sei der Ku’damm-Abschnitt von der Gedächtniskirche bis zur Uhlandstraße. „Der unentschiedene Bereich“, sagt Kupsch, „weder hochfrequentiert, noch hochwertig.“ Und der dritte Abschnitt sei eben die „gehobene Welt“, die sich von der Uhland- bis zur Schlüterstraße und zum Olivaer Platz erstreckt, sogar schon bis zum Adenauerplatz ausstrahlt.

Das Café Kranzler, bedauert Kupsch, sei als Anziehungspunkt weggefallen, es habe vor seiner Umgestaltung viel zur Kurfürstendamm-Atmosphäre beigetragen. „Setzten sich hier die Gäste bei ersten Frühlingssonnenstrahlen nach draußen, kam die Abendschau mit einem Filmteam. Heute fährt sie zum Einstein Unter den Linden.“ Dazu kommt an diesem Teil des Boulevards Leerstand, der sich gerade an der Ecke Meinekestraße zeigt. Das ehemalige, eindrucksvolle Filmtheater Haus Wien ist nach aufwändigem Umbau noch immer nicht vermietet. Das schmerzt Geschäftsleute in der Umgebung. Einige spielen mit dem Gedanken, aufzugeben. Und sie weisen auf die Fasanenstraße, die auch nicht mehr so attraktiv für internationale Markennamen ist. Bulgari hat in der Ku’damm-Seitenstraße gerade seine Filiale zu Gunsten der Boulevard-Lage ausgeräumt. „Konkurrenz belebt das Geschäft“, heißt es, der Ku’damm sei eben eine Attraktion, und in der Fasanenstraße sei es in letzter Zeit schon deutlich ruhiger geworden. Vor Wochen schloss hier auch die Schmuck-Boutique von Damiani. Sie hatte vor vier Jahren mit großen Erwartungen geöffnet, Berlin war die erste große Europa-Filiale nach einer in Tokio präsentierten Neugestaltung. Nun wird den verhinderten Kunden auf einem Zettel vor verschlossenem Laden empfohlen, sich in den „internationalen Metropolen der Welt“, etwa in New York, nach dem neuesten Angebot zu erkundigen.

Aber der Kurfürstendamm könnte vielleicht auch schon bald locken. Seine Verkaufsflächen und die der Tauentzienstraße sind ungefähr zehnmal so groß wie an der Friedrichstraße. Deshalb wird die Einkaufsstraße in Mitte von den Händlern nicht als wirkliche Konkurrenz gesehen. Mit Interesse verfolgt man allerdings auch, wie sich rund um den Hackeschen Markt zunehmend noble Marken ansiedeln.

Christian van Lessen

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false