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Berlin: An der Treptower Oberspreestraße befindet sich das größte Kreiswehrersatzamt Deutschlands und mustert täglich 130 junge Männer

Der Stacheldraht, der einst das Militärgelände zwischen der Köllnischen Heide und der S-Bahntrasse umgab, ist längst verschwunden. Dichte Hecken umgeben die Gebäude der ehemaligen Zentrale der DDR-Militäraufklärung an der Oberspreestraße 61 h.

Der Stacheldraht, der einst das Militärgelände zwischen der Köllnischen Heide und der S-Bahntrasse umgab, ist längst verschwunden. Dichte Hecken umgeben die Gebäude der ehemaligen Zentrale der DDR-Militäraufklärung an der Oberspreestraße 61 h. Und im Gegensatz zu früher herrscht reges Kommen und Gehen. Bis zu 130 junge Männer kommen täglich zur Musterung. Auf dem zehn Hektar großen Areal befindet sich das größte Kreiswehrersatzamt Deutschlands. "Wir sind damit auch das größte zivile Amt der Bundeswehr und mustern jährlich rund 14 000 Berliner", sagt der Vize-Chef des Amtes, Johann Wolpert. Von den insgesamt 220 Mitarbeitern werden derzeit mehr als 160 000 Männer aus der ganzen Stadt "wehrüberwacht", wie es im Amtsdeutsch heißt. Etwa 7500 junge Männer erhalten pro Jahr ihre Einberufung.

Heute wird der Präsident der Wehrbereichsverwaltung VII in Strausberg, Hans-Henning Köhncke die Behörde besuchen. Auf Jugendliche, die wegen langer Wartezeiten genervt sind, stößt er vermutlich nicht. "Bei uns ist alles bestens organisiert", betont Klaus Hecke, Leiter des vor zwölf Monaten eröffneten Auskunfts- und Beratungszentrums. Leuchtend grüner Teppichboden grenzt diesen Bereich des sanierten Plattenbaus zu anderen ab. Transparenz wird groß geschrieben - Glastüren und -wände erlauben den Blick in die Büros.

Dem 19-jährigen Christian aus Hellersdorf ist die Transparenz allerdings "ziemlich egal". "Ich will hier schnell wieder raus", fügt er noch hinzu und wird auch schon in das Zimmer zur Personalaufnahme gerufen. Dort werden die persönlichen Daten überprüft, und dann drückt ihm die Mitarbeiterin den Schlüssel für die Umkleidekabine in die Hand. Christian muss zur ärztlichen Untersuchung. Und während er sich einem der elf Musterungsärzte vorstellt, treffen die nächsten jungen Leute bei Heidrun Weidemann ein. Sie steht mit zwei anderen Frauen hinter einer hellen Theke, sucht Akten heraus und drückt jedem einen Laufzettel in die Hand. Ab und zu ist ein Wort der Aufmunterung fällig: "Mancher denkt nämlich, er müsse gleich hierbleiben," lacht die Treptowerin. Für die meisten ist die Musterung nach vier bis sechs Stunden beendet. Dann wissen sie, für welche Tätigkeit sie beim Bund geeignet sind. Offen sind jedoch der Termin und der Ort der Einberufung. In Zukunft sollen diese wichtigen Fragen jedoch sofort geklärt werden, kündigt Wolpert an.

Für Sascha aus Hohenschönhausen war "der Tag bisher nicht schwer". Sein Gegenüber, der 20-jährige Alexander, hat gerade die letzte Frage beantwortet und ist "erleichtert". Interessant fand er das Gespräch mit dem Kontaktsoldaten, einem 22-jährigen Gefreiten, der in einem der Warteräume Fragen beantwortet. Dieses Angebot hat Florian dagegen nicht angenommen: "Mich interessiert nicht, was in der Truppe läuft." Er will lieber Zivildienst machen und gehört damit zur steigenden Zahl der Wehrdienstverweiger, deren Anteil inzwischen bei 30 bis 35 Prozent liegt. Und während er im Korridor steht, führen gerade zwei Polizeibeamte einen jungen Mann vorbei. "Auch das gibt es", sagt Vize-Amtsleiter Wolpert, "aber das ist glücklicherweise die Ausnahme."

Steffi Bey

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