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Berlin: Angst vor Clan-Fehde hinter Gittern

Cousin des vor kurzem erschossenen Libanesen fürchtet weiteren Racheakt

Seinen 31. Geburtstag beging Ali C. am Sonntag im Gefängnis – und in großer Angst. Denn Ali C. ist ein Cousin des vor einer Woche in Charlottenburg erschossenen Bassam Alian. Alian gehörte zum libanesischen Clan C., und der 36-Jährige ist nicht der erste Tote in dem seit Jahren in Berlin tobenden Streit mit dem konkurrierenden Clan M. Ali C. sieht jetzt Anzeichen, dass die Clan-Fehde auf die Gefängnisse übergreift. „Hier in Tegel gibt es viele Messer“, berichtete C. dem Tagesspiegel telefonisch aus dem Gefängnis. Er sagt, dass ihm schon einmal ein Messer an den Hals gehalten worden sei. Freiwillig, aus Angst vor dem kurdischen Clan habe er sich vier Monate lang in die so genannte Schutzstation des Gefängnis legen lassen – die wegen vieler Einschränkungen äußerst unbeliebt ist. Auf der Schutzstation sind die Häftlinge 23 Stunden eingeschlossen, sie müssen Anstaltskleidung tragen.

Gegen seinen Willen sei er jetzt wieder in den normalen Vollzug verlegt worden. C. will wieder in die Schutzstation, doch nach seinen Angaben verweigere dies die Gefängnisleitung. Er solle sich nicht so anstellen, sei ihm gesagt worden. Justizsprecherin Andrea Boehnke wollte gestern zu dem Einzelfall keine Stellung nehmen, „aus Sicherheitsgründen“. Es werde alles getan, um die Sicherheit jedes Gefangenen zu gewährleisten. „Wenn ein Gefangener mit einer Entscheidung nicht einverstanden ist, kann er Beschwerde einlegen“, sagte Boehnke. Sollte ein Gefangener tatsächlich bedroht werden, sei eine Verlegung in die Schutzstation oder ein anderes Gefängnis möglich.

Ali C. sitzt seit zwei Jahren in Tegel wegen Körperverletzung. „Mir ist jemand ins Messer gelaufen“, sagt der 31-Jährige. „Seit 2000 gibt es diese Blutfehde mit den Kurden“, berichtet C. Ein Verwandter von ihm hatte im März 2000 in der Perleberger Straße den 23-jährigen Hassan M. bei einem Schusswechsel getötet und zwei weitere Angehörige des verfeindeten Clans verletzt. Der Schütze, Mohamed C., war später zu einer Strafe von einem Jahr auf Bewährung verurteilt worden. Begründung für das milde Urteil: Der Getötete habe auch drei Mal geschossen, Mohamed C. habe also in Notwehr gehandelt. Bei dieser Schießerei waren der jetzt Getötete Bassam Alian dabei – und auch Ali C.

Später hatte es dann zwei weitere Schießereien der beiden Clans gegeben, vor einem Lokal in Charlottenburg und auf einem Parkplatz in der Drontheimer Straße in Wedding. „Schießen ist Normalität für diese Familien“, sagte ein leitender Ermittler. Ein halbes Dutzend Clans libanesisch-kurdischer Herkunft ist in Berlin in kriminelle Geschäfte verwickelt, Drogen, Prostitution und vieles andere.

„Ich habe Angst“ – diesen Satz wiederholt Ali C. mehrfach am Telefon. Es gebe keine Waffen im Gefängnis, heißt es dazu bei der Justiz.

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