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Nackedei und Badehosenzwerg. An der Plansche im Plänterwald sollen Pädophile Kinder beim Spielen beobachtet und fotografiert haben.

© Doris Spiekermann-Klaas

Angst vor Pädophilen: Verdächtige Zuschauer auf dem Spielplatz

In der Sommerhitze tollen viele Kinder nackt herum – auch an der Plansche im Plänterwald. Dort soll ein Mann dabei beobachtet worden sein, wie er Kinder fotografierte. Die Polizei mahnt zur Wachsamkeit, warnt aber auch vor Paranoia.

Mathilda hat die Dusche lieb: Die Zweijährige umarmt die kühle Metallsäule, aus der das Wasser sprudelt. Um sie herum toben Kinder auf dem Wasserspielplatz „Plansche“ im Treptower Plänterwald – im Badeanzug oder nackt wie Mathilda. „Guck mal, da liegt ein Mann“, sagt ein Kind plötzlich und zeigt auf einen offensichtlich kinderlosen Mittfünfziger, der in Unterhose und T-Shirt breitbeinig in der Sonne brät. Er wirkt wie ein Fremdkörper. „Es ist komisch, wenn erwachsene Männer ohne Kinder ihren Vormittag da verbringen“, findet die Erzieherin Anja Gutkowski.

Nackte Kinder in der Sommerhitze – das bedeutet auch Hochsaison für Pädophile und für die Angst vor ihnen. Etwa ein Prozent der Bevölkerung hat pädophile Neigungen, schätzen Sexualwissenschaftler der Charité, das wären mehr als 30 000 Berliner. „Für Pädophile ist die Plansche ein Paradies“, sagt Gutkowski. Sie war vor ein paar Tagen zum ersten Mal mit einer Kita-Gruppe auf dem Wasserspielplatz. Unangenehm fand sie es. Vor allem die vier auffälligen Männer ohne Nachwuchs, die ihrer Meinung nach nur dort waren, um Kinder zu beobachten – stundenlang. Einer von ihnen habe sogar fotografiert. Als ihre Kollegin ihn ansprach, sei er schnell verschwunden. „Wir haben lieber nicht die Polizei gerufen, um die Kinder nicht aufzuregen.“ Kein Wunder, dass es bei der Polizei keine aktuellen Beschwerden über Vorfälle in der „Plansche“ gibt. In der warmen Jahreszeit sei aber generell ein leichter Anstieg von gemeldeten Beobachtungen dieser Art festzustellen.

„Ich achte immer auf auffällige Männer, aber nicht jeder ist ein Pädophiler“, sagt eine andere Erzieherin, die mit einer Kita-Gruppe aus Kreuzberg zur Plansche gekommen ist. „Es darf nicht in Hetze ausarten. Wenn sie fotografieren, überschreiten sie aber eine Grenze.“ Oder wenn sie Kindern etwas zu essen anböten. „Es ist schwierig, den Mittelweg zwischen Sorge und Überreaktion zu finden“, sagt Polizeisprecher Klaus Schubert. „Wir empfehlen, im Verdachtsfall die Polizei lieber einmal zu oft zu informieren.“

Auf dem Spielplatz des Jugendzentrums Lessinghöhe in Neukölln hat man eine andere Strategie: Kinder dürfen hier nicht nackt herumlaufen. Als die dreijährige Enkelin von Bertram Michel ihre Unterhose auszog, habe es Ärger mit den Betreuern gegeben, berichtet der Großvater: „Es hieß, das würde Pädophile anlocken“, sagt er verärgert. „Und das religiöse Empfinden von muslimischen Müttern stören.“ Im Jugendzentrum wollte man sich dem Tagesspiegel gegenüber nicht äußern. Aber der türkischstämmige Familienvater Fuat Sengül meint, so einen „Quatsch“ habe er noch nicht gehört. Auch in muslimischen Ländern liefen Kinder oft nackt herum.

Wie in der „Plansche“. Dass Pädophile auf dem Spielplatz auftauchten, sei „eher die Ausnahme“, sagt Platzwart Andreas Bemmann. Auffällige Männer spricht er an. Drei der vier, die Anja Gutkowski unangenehm fand, kenne er, die kämen öfter: „Denen so was zu unterstellen, ist schwierig.“ Die Sache mit dem „Fotografen“ aber kommt auch Bemmann verdächtig vor. Doch der Mann war verschwunden, als Eltern dem Platzwart Bescheid sagten.

Bleibt noch der Sonnenanbeter in Unterhose: „Der ist harmlos, er guckt immer in die Luft“, sagt eine Erzieherin. Darauf angesprochen, was er ohne Kinder hier mache, bleibt er freundlich: „Ich mag Kindergeschrei.“ Seine eigenen Sprösslinge seien leider schon zu alt für die Plansche.

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