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Berlin: Anwälte wollen Schönefeld stoppen

Juristen: 1000 Fehler bei der Planfeststellung. Bundestag debattiert Tempelhof

Die Anwälte des Bürgervereins BerlinBrandenburg, der gegen den Ausbau den Flughafens Schönefeld zum Berlin Brandenburg International Airport (BBI) kämpft, prüfen rechtliche Schritte gegen den begonnenen Abriss des Dorfes Diepensee. Sie befürchten eine Gefährdung der letzten Bewohner durch Asbeststäube. Die Arbeiten würden auf der Grundlage bestehender Verträge unter Wahrung aller Sicherheitsaspekte durch eine Spezialfirma erfolgen, sagte dazu der Sprecher der Flughafengesellschaft, Ralf Kunkel. Wie berichtet, wurden am Montag Sammelklagen von rund 3800 Betroffenen gegen den Planfeststellungsbeschluss für den BBI beim Leipziger Bundesverwaltungsgericht eingereicht.

Mehr als 10000 Klagen hatten es laut Bürgerverein ursprünglich werden sollen. Man habe nur die zweifelsfrei zulässigen Fälle berücksichtigt, sagte Rechtsanwalt Wolfgang Baumann. Tatsächlich verhandeln lassen will man ohnehin aus Kostengründen nur einige Klagen, die alle anstehenden Rechtsfragen repräsentieren. Die restlichen Verfahren sollen dagegen ruhen. Zusätzlich haben die Anwälte zwölf Eilanträge gegen den Sofortvollzug des Planfeststellungsbeschlusses gestellt. Im Planfeststellungsbeschluss haben die Anwälte über 1000 aus ihrer Sicht schwerwiegende Fehler entdeckt.

Vorbereitende Arbeiten für den Flughafenbau sollen bis zum Gerichtsurteil zurückgestellt werden. Da die Prognose den Einbruch der Passagierzahlen in den Jahren 2001 und 2002 infolge des Terroranschlags vom 11. September nicht berücksichtigt habe, sei mit den zum BBI-Start erwarteten 19 Millionen Fluggästen nicht 2010, sondern erst 2013 zu rechnen. Angesichts des gegenwärtigen Booms des Berlin-Flugverkehrs ist die Prognose „mit Sicherheit nicht zu hoch angesetzt“, hieß es bei der Flughafengesellschaft.

Einen neuen Architekturwettbewerb für das künftige BBI-Abfertigungsgebäude zwischen den Startbahnen werde es nicht geben, sagte Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD) gestern im Verkehrsausschuss des Abgeordnetenhauses. Mit ihrem Vorstoß, über den wir gestern berichteten, wolle sie nur erreichen, dass es im laufenden Verfahren eine der Bedeutung des Flughafens angemessene Architektur geben wird.

Mit der Berliner Flughafenpolitik will sich heute Abend auch der Bundestag befassen. Über 100 Abgeordnete haben einen so genannten Gruppenantrag zum Weiterbetrieb eingebracht. Am Dienstag hatten sich Abgeordnete im Flughafen „über die Zukunftspotenziale des Standorts“ informieren lassen. Der CDU-Abgeordnete Peter Rzepka erklärte anschließend, die Unterstützung für Tempelhof sei fraktionsübergreifend. Alle Teilnehmer seien sich einig gewesen, den Weiterbetrieb von Tempelhof politisch auf Bundesebene zu unterstützen. Die Bundeshauptstadt brauche den City-Airport. Der Senat halte „selbstverständlich“ an dem Beschluss fest, Tempelhof zu schließen, so bald die Genehmigung für den Ausbau Schönefelds rechtskräftig ist, sagte gestern Junge-Reyer (SPD).

Nachdem die Pläne der Flughafengesellschaft, sich Ende Oktober von der Betriebspflicht befreien zu lassen, vor Gericht gescheitert sind, geht der Flugbetrieb weiter wie bisher. Zahlreiche Gesellschaften, die sich bereits zu einem Umzug nach Tegel entschlossen hatten, wollen nun doch in Tempelhof bleiben. Inzwischen gibt es sogar Überlegungen, den Flugbetrieb bis zur Eröffnung des neuen Flughafens in Schönefeld aufrecht zu erhalten, was nicht vor Ende 2010 erwartet wird. du-/kt

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