zum Hauptinhalt

Berlin: Auf Beutezug bei Rentnern

58-jähriger Trickdieb sitzt erneut auf der Anklagebank

Der 86-Jährige war zu höflich an jenem Vormittag im Januar letzten Jahres. Das gesunde Misstrauen meldete sich einfach nicht, als ein angeblicher Pfleger unangemeldet bei ihm klingelte. „Er erkundigte sich nach meinem Gesundheitszustand und wollte Unterlagen vom Arzt sehen“, erinnerte sich Erwin K. vor dem Landgericht. Dann sei alles sehr schnell gegangen. „Er gab mir einen Stoß und griff ins Fach“, sagte der betagte Zeuge. Sein Blick ging zur Anklagebank. Dort sitzt seit Dienstag Helmut S., 58 Jahre alt und laut Ermittlungen ein Krimineller, der es seit Jahren auf Senioren abgesehen hat.

„Ich wollte ihn noch festhalten“, schilderte Erwin K. (Namen der Opfer geändert). Doch sein Knie war gerade operiert worden. Zudem versetzte ihm der Täter einen Stoß. „Es half nichts, er war weg.“ 700 Euro soll Helmut S. erbeutet haben. Ob der Angeklagte tatsächlich jener Trickdieb war? Erwin K. konnte es nicht mit Sicherheit sagen. „Es war ein älterer Herr, nicht sehr groß, volles Haar, aber es ging alles so schnell“, sagte er.

Helmut S. ist wegen ähnlicher Taten bereits in Hamburg verurteilt worden. Er wurde im September 2009 aus der Haft entlassen. Keine Woche war vergangen, als er wieder nach alter Masche bei Rentnern klingelte. Er gab sich laut Anklage als Mitarbeiter eines Pflegedienstes, als Mann vom Roten Kreuz oder Mitarbeiter der Arbeiterwohlfahrt aus. Er fragte nach Unterlagen oder Versicherungen. Wenn die Opfer in Schubladen nach den Papieren suchten, griff er zu und floh. Zurück blieben Angst und Verunsicherung.

Von 13 Fällen bis zu seiner Verhaftung im August letzten Jahres geht die Anklage aus. Doch es ist nicht nur von Trickdiebstählen, sondern auch von Gewalt und damit Raub die Rede. So soll er die 89-jährige Hilde G. attackiert haben. Als sie ihm öffnete, habe er sie „sofort mit derartiger Kraft gegen die Brust gestoßen, dass sie nach hinten stürzte“, heißt es in der Anklageschrift. S. habe die Schränke durchwühlt und eine EC-Karte sowie 15 Euro erbeutet. Hilde G. musste im Krankenhaus behandelt werden.

Für Helmut S. geht es um viel. Die Staatsanwaltschaft hält ihn für unbelehrbar und gefährlich für die Allgemeinheit. Der mehrfach vorbestrafte Mann zeigte sich nun reuig: „Was ich mit den alten Menschen gemacht habe, ist eine Sauerei.“ Doch er bestritt jede Gewalt: „Ich habe Geld genommen, die Leute beklaut, aber nie habe ich jemanden geschubst oder sogar gewürgt.“ Seine Beute habe er für Hotelrechnungen und seinen Lebensunterhalt ausgegeben. An Erwin K. kann sich der Angeklagte nicht erinnern: „Ich habe ja so viele Dinger gemacht.“ Der Rentner sah in prüfend an. „Wie kam er nur auf mich, wer hat ihn zu mir geleitet?“ S. zuckte mit der Schulter. „Wahrscheinlich war es Zufall, er hat überall geklingelt“, sagte die Richterin. Der Prozess geht am Freitag weiter. K.G.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false