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Berlin: Auf die Plätze, fertig, lies!

Am Dienstag, Punkt 17 Uhr, wird die Stadt zu einer einzigen großen Lesebühne An vielen Orten greifen Literaturfreunde zu einem Lieblingsbuch und rezitieren daraus.

Wartesaal des Hauptbahnhofs, Glienicker Brücke, Weltzeituhr auf dem Alexanderplatz – am Dienstag, Punkt 17 Uhr, schlagen dort und an vielen weiteren Orten in der Stadt über 150 Schauspieler, Autoren und andere Beteiligte Bücher auf und lesen vor. Aus Lieblingsbüchern und eigenen Werken, höchstens 15 Minuten lang. „Berlin liest“ heißt die stadtweite gleichzeitige Lesung, erstmals ist sie der Startschuss zum 12. Internationalen Literaturfestival.

Die Idee dazu hatte Festivalleiter Ulrich Schreiber. Er ließ sich von „Leipzig liest“ inspirieren, wo im Rahmen der Buchmesse viele Orte der Stadt zu Kurzzeitbühnen umfunktioniert werden. „Wir wollen das Interesse am Lesen und Vorlesen wecken“, sagt Schreiber. In kurzer Zeit lasse sich viel vermitteln. „Wir wollen den Wind der Literaturen der Welt durch die Stadt schicken und so auf das Festival aufmerksam machen.“ Das zweiwöchige Festival eröffnet der chinesische Exil-Autors Liao Yiwu eine Stunde später im Haus der Festspiele, Schaperstr. 24, offiziell mit einer Rede.

Die Leseorte von „Berlin liest“ sind über die ganze Stadt verteilt. Sigrid Weitemeyer trägt auf dem Mittelstreifen gegenüber der Russischen Botschaft Unter den Linden eine Szene aus „Die Erniedrigten und Beleidigten“ von Dostojewski vor. Auf dem Neuköllner Richardplatz geht es um Rixdorfs Dorfchronik, Schauspielerin Ines Burdow schickt in der Knaackstraße 94 in Prenzlauer Berg „Grüße aus Shangri-La“. Gruselig wird es an der Bushaltestelle vor dem leer stehenden Krankenhaus im brandenburgischen Hohen Neudorf. Angela Planert liest dort aus ihrem Vampirroman „Flügel der Dunkelheit“ vor, dessen Geschichte dort spielt.

In der Buchhandlung Ocelot in der Brunnenstraße 181 in Mitte präsentiert Franziska Lichtenberg neben ihrem neuen Buch „BananenSchalenLyrik“ mit dem Büchlein „Das Meer so blau – The Sea So Blue“ ein echtes Familienwerk. Sohn Peter, 13, malte zwölf Meeresbilder mit Acrylfarben aufs Bananenpapier, Franziska Lichtenberg schrieb die Gedichte, Vater David Berry-Lichtenberg übersetzte die Verse ins Englische. Weil die Eltern unterschiedliche Muttersprachen haben, sind Lichtenbergs Bücher zweisprachig. Verlegt werden sie im eigenen Verlag "Der Rosenthaler". Eigentlich leitet sie mit ihrem Mann eine englische Sprachschule. „Die Kosten für die Bücher kommen gerade so rein, weil ich fast alles selbst mache“, sagt sie. Der Verlag ist ihr Hobby. „Es ist mir ein Bedürfnis, ich amüsiere mich beim Schreiben. Ich suche gerne passende Reime, so, wie andere Sudoku spielen.“

Beim anschließenden Internationalen Literaturfestival präsentieren über 180 Autoren aus 58 Länder ihre Werke bis zum 18. September. Unter dem Motto „Europe Now“ liegt der Fokus darauf, den europäischen Kulturkreis neu zu betrachten. Dabei sind der Berliner Wladimir Kaminer, die chilenisch-amerikanische Schriftstellerin Isabel Allende und die Rumäniendeutsche Hertha Müller stellen neue Bücher vor. Angekündigt sind auch Lesungen gegen das Assad-Regime und für die Band Pussy Riot .

„Berlin liest“, Dienstag, 17 Uhr, an zahlreichen Orten in der Stadt. Programm des Internationalen Literaturfestivals auf www.literaturfestival.com

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