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Foto: dpa/Georg-Stefan Russew

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Berlin: Auf Granit gebohrt

Das britische Unternehmen Celtique Energie will bei Müllrose Erdöl fördern. Anrainer sind dagegen Seit Vattenfalls gescheiterten Plänen, CO2 im Boden zu verpressen, herrscht tiefes Misstrauen.

Von Matthias Matern

Müllrose - Nach zwei Stunden und immer wieder denselben Fragen ist Geoff Davis ratlos: „Überall in Brandenburg wird gebohrt, nur hier gibt es Probleme. Und ich verstehe einfach nicht warum“, sagt der Chief Executive Officer der Celtique Energie Holding. Der Firmenchef des britischen Öl- und Gasförderunternehmens ist an diesem Abend aus London ins Schützenhaus von Müllrose (Oder-Spree) gekommen, um für seine Pläne zu werben. Von Garantien hat er gesprochen, neue Jobs angekündigt, Versprechen abgegeben, doch dem Misstrauen in Müllrose ist offenbar nicht beizukommen. Nach den vorerst gescheiterten Plänen des schwedischen Staatskonzerns Vattenfall für ein unterirdisches Kohlendioxid-Endlager in der Region sind den Anwohnern unternehmerische Absichten unter ihren Häusern suspekt.

Rund 100 Anwohner sind an diesem Abend der Einladung von Davis gefolgt. Doch schnell wird klar: Die meisten wollen keine weiteren Informationen, sondern dem Briten mal so richtig die Meinung sagen. Auch Roland Kramski ist dabei. Schon gegen die Vattenfall-Pläne hat sich der Ingenieur aus Müllrose engagiert. Mit anderen Aktivisten der Anti-CCS-Bürgerinitiative hat er Protestplakate mitgebracht.

Für Davis ist die Situation verfahren. Die Engländer planen kein Endlager, sondern wollen Erdöl fördern. Schon in der DDR hat man die Vorkommen untersucht, sich aber aufgrund der damals hohen Förderkosten bei vergleichsweise kleinen Vorkommen gegen eine Ausbeutung entschieden. Mit moderner Technik will Celtique Energie jetzt die Reserven im Dreieck Frankfurt (Oder), Müllrose und Briesen anzapfen. Mit Genehmigung des brandenburgischen Landesbergamtes in Cottbus soll in diesem Winter durch seismische Untersuchungen die Größe der Lagerstätte im Erlaubnisfeld Pillgram erkundet werden. Doch genau dagegen richtet sich der Bürgerzorn. Befürchtet wird, die Untersuchungsdaten könnten in falsche Hände geraten, die CCS-Technologie (Carbon Dioxide Capture and Storage) durch die Hintertür eingeführt werden. „Keiner kann garantieren, dass die Daten nicht doch weitergegeben werden“, sagt Kramski. Davis’ Beteuerungen, die Ergebnisse würden keinesfalls aus der Hand gegeben, ändert an der Skepsis wenig. Es sei mit dem Landesbergamt vertraglich vereinbart, dass eine CO2-Verpressung ausgeschlossen ist. „Ansonsten müssten wir eine Millionen-Euro- Vertragsstrafe zahlen“, behauptet Davis. Es gehe ihm nur um das Öl.

Andernorts läuft die Erdölförderung in Brandenburg problemlos. Bei Guhlen in der Lausitz (Dahme-Spreewald) rechnet das deutsch-kanadische Erdöl- und Erdgasunternehmen Central European Petroleum GmbH (CEP) mit bis zu fünf Millionen Tonnen Erdöl. Die erste Probebohrung läuft – ohne Proteste. Bereits 2015, heißt es seitens des Landesbergamtes, könnte die Ölförderung beginnen. Auch bei Küstrin-Kietz (Oder-Spree) läuft die Förderung ohne Widerstand. Jährlich bis zu 20 000 Tonnen holt das Unternehmen Gaz de France dort aus der Erde. In Deutschland wurden 2011 rund 2,7 Millionen Tonnen Erdöl gefördert, vor allem in Schleswig-Holstein und Niedersachsen. Brandenburg liegt auf Platz sechs der Förderländer.

In Müllrose will Celtique Energie zunächst erforschen, ob sich der Aufwand lohnt. Allein die seismischen Untersuchungen würden rund fünf Millionen Euro kosten, ebenso jede Bohrung, erklärt Davis. „Liegen hier nur 10 000 Tonnen, ist das zu wenig.“ Von den möglichen Erträgen werde die Region profitieren, verspricht der Mann aus London. Der Firmenchef verspricht Arbeitsplätze und Aufträge für Handwerker – ohne Erfolg. „Wir stehen doch auf einer Seite“, ruft er den versteinerten Mienen zu. Barbara Bieber aus dem benachbarten Schlaubetal ist empört: „Wir stehen keineswegs auf der- selben Seite. Sie wollen Profit machen, wir wollen unsere Heimat schützen“, ruft die 53-Jährige dem Briten entgegen.

Bereits zweimal haben sich die Stadtverordneten von Müllrose gegen die seismischen Untersuchungen ausgesprochen. Davis werden sie wohl nicht aufhalten können. „Wir sehen für die Untersuchungen im Feld Pillgram nach Bundesbergrecht keine Versagungsgründe“, sagt Angelika Seidemann vom Landesbergamt. „Ohne Vattenfall würde es wohl nicht so viele Probleme geben“, meint Müllroses Bürgermeister Ingomar Friebel (SPD).

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