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Berlin: Aufenthaltsrecht – käuflich für 2000 Euro

Bezirksangestellte aus Mitte soll Duldungen an vietnamesische Schleuserbande verkauft haben

Der besondere Service des Bürgeramts kostete Geld – viel Geld. Ausländer konnten sich beim Bezirksamt Mitte eine Duldungsbescheinigung „kaufen“ – die Rede ist von bis zu 2000 Euro als Preis. Am 15. August wurden die Diensträume des Bürgeramtes durchsucht, die Tatverdächtige Simone L. sitzt in Untersuchungshaft. Nach Angaben der Justiz soll die 41-Jährige „gegen Entgelt eine Vielzahl von Aufenthaltsgenehmigungen unberechtigt an vietnamesische Mitbeschuldigte verkauft haben“. Die Justiz korrigierte damit ihre Auskunft vom Vortag: Die 41-Jährige arbeitete nicht in der Ausländerbehörde, sondern im Bezirksamt Mitte. Die Leiterin der Ausländerbehörde, Claudia Langeheine, bedauerte, dass die Falschmeldung der Justiz „die Mitarbeiter verunsichert“ habe.

Neben Frau L. soll ein Mitarbeiter der Ausländerbehörde in Eberswalde an der Bande beteiligt sein. Die Kreisverwaltung Eberswalde bestätigte gestern, dass es Ermittlungen gegen einen Mitarbeiter gibt, machte aber keine näheren Angaben. Die Blanko-Duldungen sollen von vietnamesischen Schleusern gekauft worden sein, die damit ihren illegal nach Berlin geholten Landsleuten zu einem quasi amtlichen Papier verhalfen. Wie es hieß, ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen acht Vietnamesen, von denen zwei in Haft sind.

Nach Angaben des Bezirksamts sei 2005 ein Hunderter-Block mit diesen Bescheinigungen verschwunden – bevor er im Bürgeramt registriert werden konnte. Dies nähre den Verdacht, dass der damalige Dienstvorgesetzte von Frau L. zumindest schlampig gearbeitet habe – möglicherweise aber von dem illegalen Handel wusste oder sogar daran beteiligt gewesen sein könnte.

„Es gab bei der Registratur Nachlässigkeiten“, sagte Mittes Bürgermeister Joachim Zeller dem Tagesspiegel. Derzeit prüft die Kripo die Rolle dieses Beamten, der nach einer Umorganisation zu Beginn dieses Jahres nicht mehr das Bürgeramt leitet. Nach Angaben des neuen Leiters des Amtes für Bürgerdienste, Rainer Rinner, sei der Block mit 100 Bescheinigungen von der Bundesdruckerei geliefert worden. Laut Vorschrift hätte er sofort registriert werden müssen. Wieso dies unterblieb und niemand den Verlust bemerkte, sei unklar. Die Kripo hatte bereits im August 2005 begonnen, im Bezirk Mitte zu ermitteln, weil bei einem Ausländer eine verdächtige Bescheinigung entdeckt worden war. Erst jetzt hatte sich der Verdacht erhärtet.

Wie es im Bezirksamt hieß, sei es wahrscheinlich, dass Frau L. nicht nur im Jahr 2005 Handel trieb, sondern bereits früher. Simone L. habe bis 2001 in einer Meldestelle der Polizei gearbeitet. Als dann die Bezirke die Meldestellen übernahmen, sei L. ins Bürgeramt Mitte gewechselt. Durch plötzlichen Reichtum aufgefallen sei Frau L. nicht, sie habe zu den „besten Kräften“ gehört, sagte Bürgermeister Zeller: „Ich bin ziemlich erschüttert.“

Faktisch haben die Ausländer mit diesem Papier im Pass jetzt einen legalen Aufenthaltsstatus. Bei einer Kontrolle durch die Polizei werden sie jedoch auffliegen, da die Seriennummern der Bescheinigungen bekannt sind. Die 100 Nummern des Blocks sollen bereits zur Fahndung ausgeschrieben sein.

Da für illegale Schleusungen nach Angaben des LKA pro Kopf bis 20 000 Euro gezahlt werden, seien die 2000 Euro für Simone L. nur „Unkosten“ für die Schleuserbande. „Den dicken Reibach machten die vietnamesischen Schleuser “, hieß es.

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