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Nun isses passiert. Das junge Ich von Comicheld Iceman ist von seiner Kameradin als homosexuell geoutet worden.

© Zeichung: Marvel

Aufregung um neuen X-Men-Comic: Superheld Iceman eiskalt geoutet

Aufregung in der Comic-Szene: Superheld Iceman von den X-Men ist als homosexuell geoutet worden. Auch wenn es nicht das erste Outing war, für die Comicwelt ist es ein bemerkenswerter Schritt. Und nicht nur das

Comicfans hatten wohl schon immer so eine Ahnung, jetzt ist es Gewissheit geworden: Iceman, einer der Ur-Charaktere aus dem X-Men-Universum, ist als homosexuell geoutet worden. Das ganze passierte in der neuesten Ausgabe des Marvel-Comics „All New X-Men“, deren Handlung für Außenstehende einigermaßen vertrackt erscheinen dürfte. Darin spielen jüngere Ichs der Figuren mit, die auf Zeitreise gehen und der Erwachsenentruppe beim Kampf gegen das Böse zur Seite stehen.

Und so wird auch nicht der erwachsene Bobby Drake alias Iceman geoutet, der einige heterosexuelle Affären hatte, sondern sein junges Alter Ego. Telepathin Jean Grey, verärgert über seine anzügliche Bemerkung über eine Ausbilderin, verbittet sich solche Sprüche. Und als Iceman verblüfft nach dem Warum fragt, antwortet sie: „Bobby, Du bist schwul!“

Das Outing zieht nun seine Kreise in sozialen Netzwerken, in denen heftig darüber diskutiert wird. Autor Brian Michael Bendis beklagte sich derweil über einige homophobe Äußerungen, die ihn via Twitter erreichten. Er wolle dies aber nicht überbewerten, denn es hätten sich auch zahlreiche Comicfans bei ihm bedankt.

Cooler Typ. So sieht der erwachsene Iceman aus.
Cooler Typ. So sieht der erwachsene Iceman aus.

© Zeichnung: Marvel

Im kommenden Jahr soll übrigens ein neuer Film über die X-Men in die Kinos kommen. Dessen Regisseur Bryan Singer freute sich in einem Interview mit „Eintertainment Weekly“ schon mal für Iceman: „Ich bin froh und glaube, dass es gut für ihn ist.“ Und er erinnerte an ein anderes Outing: als Bobby Drake sich seinen Eltern als Mutant offenbarte.

Nicht das erste Outing

Es ist nicht das erste Outing eines Comic-Superhelden als homosexuell. So gab es bei den X-Men bereits 2009 einen ersten schwulen Kuss zu sehen, damals zwischen den Figuren Rictor und Shatterstar. Damals wurde auch bekannt, dass der menschliche Mutant Northstar und sein Freund Kyle ein Paar sind – 2013 heirateten die beiden Männer dann ganz offiziell, was auch auf dem Titelbild von „Astonishing X-Men“ gezeigt wurde. Das Erscheinen des Heftes wurde damals in den USA gefeiert, indem sich mehrere Männer-Paare in Comicläden ebenfalls das Ja-Wort gaben. Kurz zuvor hatte sich auch US-Präsident Barack Obama als Befürworter der Homo-Ehe zu erkennen gegeben. Und auch andernorts zieht in den Mainstream-Comic langsam mehr Vielfalt in Sachen geschlechtlicher und sexueller Orientierung ein. So ist der auch aus dem Kino bekannte Donnergott Thor in der gleichnamigen Marvel-Comicserie derzeit eine Frau – über ihre sexuelle Orientierung ist bislang allerdings nichts bekannt.

Und was ist mit Batman und Robin?

In der Welt der Comic-Superhelden sind das bemerkenswerte Schritte, denn hier werden nach wie vor in den meisten Serien die stereotypen Geschlechterklischees früherer Jahrzehnte gepflegt: Männer sind muskelbepackte, heterosexuelle Alphatiere (wenn sie denn vor lauter Kämpfen überhaupt Zeit für Beziehungen haben), Frauen sind in den meisten Geschichten kaum mehr als schmückendes Beiwerk für die Kämpfe der kräftigen Kerle und erscheinen in der Regel als großbrüstige Projektionsflächen für die erotischen Fantasien der oft jugendlichen und größtenteils männlichen Leser. Und wenn, wie im Fall von Batman und Robin, zwei Männer seit vielen Jahren zusammen leben, arbeiten und kämpfen und mit Frauen höchstens beruflich Kontakt haben, dann bleibt es der Vorstellungskraft der Leser überlassen, was für eine Beziehung die beiden verbindet.

Da läuft doch was. Batman und Robin geben Anlass zu Spekulationen.
Da läuft doch was. Batman und Robin geben Anlass zu Spekulationen.

© dpa

Jenseits der Superhelden-Universen hat allerdings auch in der Comicwelt schon vor längerem die sexuelle Revolution stattgefunden. Autoren und Zeichner wie Ralf König („Konrad & Paul“, „Der bewegte Mann“) in Deutschland oder Alison Bechdel („Dykes to Watch Out For“, „Fun Home“) in den USA sind seit den 1980er Jahren damit erfolgreich, dass sie Geschichten mit Comicfiguren erzählen, die ganz selbstverständlich schwul, lesbisch oder bisexuell sind und deren geschlechtliche Identität von den sozial zugewiesenen Rollen abweicht, ohne dass sie darum großes Aufhebens machen.

Wie schwer sich hingegen die klassischen Heldenverlage mit derlei Selbstverständlichkeiten immer noch tun, zeigt der Eklat um Kate Kane alias Batwoman, die seit 2006 als lesbische Comicfigur etabliert ist. Im Jahr 2013 sollte Batwoman nach dem Willen ihres Zeichner/Autorenteams J.H. Williams III and W. Haden Blackman ihre langjährige Partnerin heiraten. Dagegen erhob der DC-Verlag Einspruch, der die Rechte an der Figur besitzt. Daraufhin verließ das Kreativteam die Serie im Streit. Das schlug große öffentliche Wellen, der Verlag verwahrte sich aber gegen die Kritik, dass die Entscheidung homophob motiviert sei. Der wahre Grund sei vielmehr, dass ein derartiges Happy End der Story unzuträglich wäre: „Helden sollten kein glückliches Privatleben haben.“

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