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Berlin: Aufträge bekommt, wer Datenschutz ignoriert

Trotz Urteil und Bußgeld: Senat berücksichtigt Firma nicht mehr, weil sie persönliche Informationen verweigert

Von Ursula Weidenfeld

Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung verlangt von Unternehmen offenbar die Verletzung des Datenschutzgesetzes, wenn sie im so genannten Unternehmer- und Lieferantenverzeichnis der Stadt gelistet bleiben wollen. Nach einer Baustellenkontrolle im vergangenen Jahr hatte das Amt von Karoline Beck, der Geschäftsführerin des Berliner Bauunternehmens Isolier-Wendt, die Übersendung personenbezogener Steuer- und Versicherungsdaten ihrer Mitarbeiter verlangt.

Als die Unternehmerin sich mit Hinweis auf das Datenschutzgesetz weigerte, diese Unterlagen zu übersenden, wurde sie kurzerhand aus dem Lieferantenverzeichnis gestrichen. Beck klagte gegen das Land, gewann vor dem Kammer- und dem Landgericht (AZ 2U19/02 Kart, 102 O 127/02 Kart) – und ist immer noch nicht wieder in das Unternehmer- und Lieferantenverzeichnis ULV aufgenommen worden.

Das ULV ist die Liste der Firmen, die öffentliche Aufträge des Landes bekommen können. Wer mit den Bezirken und den Hauptverwaltungen ins Geschäft kommen will, der muss auf dieser Liste stehen. Für Bauunternehmen ist es ein Muss, für Zulieferer auch. Wer in das Verzeichnis aufgenommen werden möchte, muss versichern, Tariflöhne zu bezahlen, keine Schwarzarbeiter zu beschäftigen, Steuern und Sozialabgaben ordentlich zu entrichten und die obligatorischen Versicherungen zu haben. Ohne Aufnahme in das ULV gibt es keinen Auftrag: Deshalb tun die kleinen und mittleren Unternehmen der Stadt genau so wie die Großen und ganz Großen fast alles dafür, in das Verzeichnis aufgenommen zu werden. Und deshalb nehmen sie es im Zweifel auch nicht so genau, wenn die Informationsforderungen des Amtes zu weit gehen. Schließlich ist das Land Berlin einer der größten und wichtigsten Auftraggeber.

Doch obwohl das Kammergericht Berlin den Stadtentwicklungssenator Peter Strieder verurteilte, die Firma Isolier-Wendt unverzüglich wieder in die Liste aufzunehmen, weigert sich die Senatsverwaltung, diesem Urteil nachzukommen. Nun hat das Landgericht Berlin den Senat zu einer Buße von 5000 Euro verurteilt. Die Behörde argumentiert jetzt, dass das Unternehmen mit 40 Beschäftigten besser behandelt würde als alle anderen Firmen, wenn man dem Gerichtsbeschluss nachkäme. Die anderen Firmen nämlich müssten für die Listung im ULV auch jährlich nachweisen, dass sie sich an die Vorschriften halten. Deshalb hat das Land Berlin Beschwerde gegen den Beschluss des Landgerichtes eingelegt. Das Landgericht Berlin nannte die Haltung des Landes schon in seinem letzten Beschluss „nicht recht verständlich“.

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