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Die Glasgow-Gang.

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Update

Auftritt der Woche: Mit dem Hackbrett nach Kreuzberg: The Phantom Band im Lido

Der Auftritt der von Tagesspiegel und Radio Eins ausgezeichneten schottischen Band im Lido fällt aus. Die Musiker hängen im Schneechaos am Flughafen in Edinburgh fest.

Im Februar gewannen die fünf Glasgower den "Soundcheck"-Award von Radio Eins und Tagesspiegel für das beste Album 2009. Am Montagabend sollten die fünf Glasgower im Lido in Kreuzberg zu sehen und zu hören sein. Doch das Schneechaos hindert sie an der Abreise.

Aus einem schwarzen Bottich mit gelber Flüssigkeit ragen zwei Unterarme. Ein Körper scheint nicht unter der Oberfläche zu zappeln. Dafür entweichen aus den Händen große weiße Rauchwolken. Das Cover von „The Wants“, der zweiten Platte der Phantom Band, sieht aus wie eine dieser bizarren Collagen aus der britischen Comedyserie „Monty Python’s Flying Circus“. Man wartet geradezu darauf, dass sich das Motiv im nächsten Moment in eine ganz andere Form verwandelt – eine klapperige Maschine vielleicht oder einen komischen Vogel. Genau das gleiche Gefühl entsteht auch beim Hören der Musik des schottischen Quintetts: Hier kommt zusammen, was nicht zusammen gehört und doch fügt sich alles auf magische Weise ineinander.

Zum ersten Mal haben die fünf Musiker dieses Kunststück auf ihrem Debütalbum „Checkmate Savage“ vor einem Jahr demonstriert. Sie verbanden Krautrock-Rhythmen mit Folk- und Elektroelementen, Wimmerorgeln mit Lärm-Gitarren und einem sehnsuchtsvollen Gesang. „Proto-Robofolk“ nennt die Band selber das Gemisch, an dessen Zusammensetzung sie viele Jahre getüftelt hat. Dabei gingen die Freunde aus Glasgow zunächst keineswegs planvoll zu Werke: „Wir trafen uns, um gemeinsam abzuhängen, Musik zu machen und betrunken zu werden“, beschreibt Gitarrist Duncan Marquiss die Anfangstage der Gruppe. Bei den stundenlangen Jam-Sessions strebten die Musiker immer wieder in verschiedene Richtungen. Ihre Wankelmütigkeit zeigte sich auch darin, dass sie sich immer wieder neue Bandnamen gaben: Sie waren schon als Tower of Girls, Robert Redford und Los Crazy Boys unterwegs, bevor sie sich auf The Phantom Band einigten. Auch das ist eigentlich eine blöde Idee, gab es doch in Köln Anfang der Achtziger mal eine Phantom Band (ohne The) um den Can-Schlagzeuger Jaki Liebezeit. Kürzlich wurden deren Platten neu aufgelegt.

Unverwechselbar ist jedoch der Sound der schottischen Phantome. Für „Checkmate Savage“ wurden sie mit Kritikerlob überhäuft. Auch im „Soundcheck“, dem jeden Freitagabend ausgestrahlten musikalischen Quartett von Radio Eins und Tagesspiegel, bekamen sie vier Mal die Höchstwertung – und räumten sogar den erstmals vergebenen „Soundcheck“-Award für das beste Album des Jahres 2009 ab. Zur Preisverleihung im Februar kamen sie ins Kreuzberger Lido und bewiesen mit einem energiegeladenen, sympathischen Auftritt, dass sie eine würdige Wahl waren.

Heute kehrt The Phantom Band für ein exklusives Deutschland-Konzert auf die Bühne ihres Triumphes zurück. Diesmal werden sie ihr vor zwei Monaten veröffentlichtes Album „The Wants“ in den Mittelpunkt stellen, das deutlich an die Vorgänger-Platte anknüpft. Keyboarder Andy Wake findet: „Es ist konzentrierter, handwerklich besser ausgeführt und mit mehr Dekoration. Es ist ,Checkmate Savage’ on Ice.“ Inspiriert wurden die neun neuen Stücke von Horrorfilm-Soundtracks, kosmischer Musik der Siebziger, Tom Waits, R&B, Doo-wop und Rock’n’Roll. Auch in Sachen Instrumentierung ist das Quintett unberechenbar: So kamen bei den Aufnahmen neben diversen Möbelteilen, einem Spielzeug-Drumcomputer, einem Hackbrett und einem Feuerlöscher auch eine Wurlitzer Orgel und ein Vibraphon zum Einsatz. Hoffentlich passt das alles in den Bandbus.

Lido, Cuvrystraße 7 , Kreuzberg. Montag, 20 Uhr, 19 Euro. Und noch mehr Konzerttipps immer donnerstags in unserem Veranstaltungsmagazin Ticket.

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