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Berlin: Ausgemeindet

Kardinal Woelki will Pfarreien zusammenlegen – und hat seine Ideen jetzt im Detail vorgestellt.

Kardinal Rainer Maria Woelki erzählt von einer Kirchengemeinde in Mitte, die um sich kreist und so tut, als gäbe es all die Studenten und Künstler vor der Kirchentür nicht. Er kann viele Geschichten erzählen von Gemeinden, die nicht bemerkt haben, dass sich die Welt verändert hat. Er will sie wachrütteln, verunsichern, auf dass eine neue Lebendigkeit und Kreativität in die Gemeinden einzieht und sich mehr Menschen für Glaubensdinge begeistern.

Sein Umstrukturierungsprozess „Wo Glauben Raum gewinnt“ hat im vergangenen Dreivierteljahr schon viel Unsicherheit im Erzbistum bewirkt. Doch so richtig produktiv ist die noch nicht. „Ich wurde oft falsch verstanden“, sagt Woelki – und stellte am Freitag „Leitlinien“ für den Prozess vor. In den Grundzügen ist es bei dem geblieben, wofür der Kardinal seit Monaten wirbt: Die jetzt 106 Gemeinden sollen sich bis 2020 zu 30 Groß-Pfarreien zusammenschließen und Schwerpunkte in ihrer Arbeit bilden. Statt einen Pfarrer pro Gemeinde wird es künftig ein „pastorales Team“ pro Groß-Pfarrei geben mit einem Pfarrer an der Spitze und weiteren Pfarrern, Diakonen und pastoralen Mitarbeitern. Sie sollen sich je nach Begabung und Können auf Jugendarbeit, Familienpastoral, Krankenseelsorge oder auch Künstlerseelsorge konzentrieren. Die Verwaltungsarbeit wird zentralisiert, auch soll es nur noch einen Pfarrgemeinderat und einen Kirchenvorstand pro Groß-Pfarrei geben. Anders als bisher angedacht, sollen die einzelnen Gemeinden aber weiterhin mit eigenen Budgets wirtschaften, auch ihre Namen dürfen sie behalten. „Die Identität der Gemeinden soll gewahrt bleiben“, sagt Woelki. Die Verwaltungsarbeit soll professionalisiert werden – auch durch externe Profis. Damit die Pfarrer sich ganz auf die Seelsorge konzentrieren können.

Viele Gemeindemitglieder, die fürchten, Nähe und Gemeinschaft würden so verloren gehen, wünschen sich losere Gemeinde-Verbände. Woelki aber will „schlanke, klare Strukturen“, damit sich alle Beteiligten wieder mehr auf das konzentrieren können, worum es geht: auf das Wort Gottes. „Kirche ist kein Selbstzweck“, sagt Woelki, „sie hat die Aufgabe, Menschen mit Gott in Berührung zu bringen.“

Die Gemeinde in Mitte, die sich in ihrer Nische eingerichtet hat, wird es so bald nicht mehr geben. Woelki ist sich bewusst, dass er allen viel abverlangt. „Was meinen Sie, was da los sein wird“, sagte er am Freitag. Claudia Keller

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