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Berlin: Ausstellung: Preußens hungriger Bauch

Hunger beschäftigte die Berliner Bevölkerung, die in den Jahren von 1800 bis 1880 von 170 000 Einwohnern auf 1,1 Millionen um mehr als das Sechsfache wuchs. 80 Prozent der Erwerbstätigen gehörten der Unterschicht an - gedrängt auf wenig Wohnraum mühten sie sich ab, wenigstens das Nötigste in den Bauch zu bekommen.

Hunger beschäftigte die Berliner Bevölkerung, die in den Jahren von 1800 bis 1880 von 170 000 Einwohnern auf 1,1 Millionen um mehr als das Sechsfache wuchs. 80 Prozent der Erwerbstätigen gehörten der Unterschicht an - gedrängt auf wenig Wohnraum mühten sie sich ab, wenigstens das Nötigste in den Bauch zu bekommen. Hunger beschäftigt auch die Ausstellung auf der Domäne Dahlem, die am 23. August im Rahmen des Preußenjahrs eröffnet wird: "Berlin - ein riesiger Bauch. Hungerkrisen und Versorgung einer Metropole". Da füllen hochstehender Roggen und Einkorn einen ganzen Raum mit Getreideduft. In einer Vitrine liegen menschliche Knochen, verformt in Folge von Vitamin-D-Mangel, um die alltägliche Unterernährung deutlich zu machen. Daneben zeigt das damalige Speisezubehör, wie sich die Ernährung von Unter-, Mittel- und Oberschicht unterschied: Die Armen schöpften aus einer großen Tonschüssel ihre hauptsächlich aus Roggen oder Kartoffeln bestehende Mahlzeit, bevor sie diese mit einem großzügigen Glas Kartoffelschnaps, Dünnbier oder Zichorien-Kaffee hinunterspülten. Das entstehende Bürgertum hingegen gönnte sich echten Kaffee oder Weißbier und verzehrte neben Gemüse auch Fleisch, Wurst und Obst. Und die ganz Reichen genossen Schokolade, edle Weine, importierte Spirituosen sowie Pralinen und exotische Früchte.

Auch exklusive Cafés und Restaurants gehörten immer mehr zur preußischen Metropole. Über Transport und Verkauf der Lebensmittel - Kolonialwarenläden und große Markthallen lösten die alten Märkte ab - informieren zeitgenössische Bilder und Schautafeln ebenso wie Hörtexte und Alltagsgegenstände.

Die Entwicklung der Lebensmittelindustrie ist Thema der zweiten, zeitgleich eröffneten Wanderausstellung "Revolution von oben. Die preußischen Agrarreformen", die gemeinsam mit dem Ausstellungsverbund Berlin-Brandenburgischer Agrarmuseen erarbeitet wurde. Um einer Revolution der rechtlosen Bauern im damaligen Agrarland zuvorzukommen, gab es immer weitreichendere Reformen, die Bauern von der Gutsherrenschaft befreite und ihnen ermöglichte, Land zu kaufen. Gewinner dieser Reformen, auch das zeigt die Ausstellung, waren die wohlhabenden Bauern, die den landwirtschaftlichen Ertrag binnen weniger Jahrzehnte vervierfachen konnten, während die armen Bauern kein Auskommen mehr hatten, in die Stadt drängten - und Berlin zum "riesigen Bauch" machten.

kört

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