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V.l.n.r.: Björn Fromm, Präsident des Handelsverbandes Berlin-Brandenburg, Weinhändlerin Anja Schröder von der Initiative „Rettet die Friedrichstraße“, Dehoga-Berlin-Präsident Christian Andresen und Bastian Greiner-Bäuerle vom Wirtschaftskreis Mitte.

© Christoph M. Kluge/Tagesspiegel

Ausweitung der Kampfzone: Unternehmer und Verbände klagen gegen Friedrichstraße-Sperrung

Seit Montag ist ein Teilstück wieder für Autos gesperrt. Anrainer werfen der Verkehrssenatorin Jarasch vor, Wahlkampf auf ihre Kosten zu machen – und kündigen Widerstand an.

Anja Schröder ist entschlossen: Dass die Friedrichstraße erneut für den Autoverkehr gesperrt wird, will die Unternehmerin nicht hinnehmen. „Wenn über unsere Köpfe hinweg entschieden wird, müssen wir dagegen klagen“, sagte sie am Montag. Unternehmerinnen und Unternehmer in Berlin-Mitte kündigten Widerstand an. Unterstützung erhalten sie vom Handelsverband Berlin-Brandenburg sowie dem Deutschen Hotel- und Gaststättenverband Berlin (Dehoga).

Schröder, die hauptberuflich den Weinhandel „Planet Wein“ am Gendarmenmarkt betreibt, ist im vergangenen Jahr zur politischen Aktivistin geworden. Als Vorkämpferin des Bündnisses „Rettet die Friedrichstraße“ klagte sie gegen die autofreie „Flaniermeile“ zwischen Französischer und Leipziger Straße. Mit Erfolg: Die Friedrichstraße musste zeitweise wieder geöffnet werden.

Anrainer drohen mit Klagewelle

Doch seit Montagmorgen stehen dort wieder Sperrschilder. Das etwa 500 Meter lange Teilstück wurde zur Fußgängerzone erklärt. Fahrräder und E-Scooter dürfen laut Verordnung im Schritttempo hindurchfahren. Verkehrssenatorin Bettina Jarasch (Grüne) hatte die Sperrung verkündet – kurz vor der Wiederholungswahl.

Wegen des Timings ist sich Schröder sicher, dass die Senatorin Wahlkampf mache auf Kosten der Unternehmer:innen und Anwohner:innen: „Man möchte ganz klar Wählerstimmen einstreichen.“ Dagegen wollen Schröder und ihre Mitstreitenden mit einer Klagewelle vorgehen. Bis zu 50 Betroffene könnten sich demnach beteiligen.

Ein Durchfahrt-verboten-Schild an der Fußgängerzone in der Friedrichstraße, Ecke Leipziger Straße. 

© dpa / Carsten Koall

Der Anwalt Marcel Templin berät das Bündnis. Er meint, es gebe keine hinreichende Begründung, warum ausgerechnet dieser Straßenabschnitt gesperrt wird. Aufgrund der Sperrung verlagere sich der Autoverkehr in umliegende Straßen, die ohnehin überlastet seien.

Fakt ist, dass das ein sehr langer Rechtsstreit werden kann.

Marcel Templin, Anwalt des Bündisses „Rettet die Friedrichstraße“.

Templin will Beschwerde einlegen und gleichzeitig beim Verwaltungsgericht eine einstweilige Verfügung beantragen. Sollte er erfolgreich sein, müsste die Sperrung bis zur endgültigen Entscheidung zurückgenommen werden.

Händler und Gastronomen wehren sich gegen die erneute Sperrung eines Teilstücks der Friedrichstraße für den Autoverkehr und erhalten dabei Unterstützung von Dehoga und Handelsverband.

© Christoph M. Kluge/Tagesspiegel

Doch auch bis zu einer einstweiligen Verfügung könnte es bis zu acht Wochen dauern, schätzt Templin. Notfalls wolle er bis zum Bundesverfassungsgericht gehen. „Fakt ist, dass das ein sehr langer Rechtsstreit werden kann.“

Es müsse eine Lösung für die gesamte „historische Mitte“ gefunden werden, meint Bastian Greiner-Bäuerle vom Wirtschaftskreis Mitte (WM). Das Gebiet der ehemaligen Altstadt Berlins erstreckt sich zwischen der Brunnenstraße im Nordwesten und dem Engeldamm im Südosten. Das Friedrichstraßen-Bündnis, zu dem auch der WM gehört, sei bereits in Gesprächen mit weiteren Anrainervereinen.

Unterstützung von Lobbyverbänden

Christian Andresen, Präsident der Dehoga Berlin, unterstützt die widerständigen Unternehmer:innen. Die Hotels um den Gendarmenmarkt litten unter der schlechten Erreichbarkeit für Gäste und Lieferfahrzeuge, sagt er. Statt „grüner Basta-Politik“ brauche es durchdachte Planung.

50
Klagen könnten gegen die Sperrung eingereicht werden.

In anderen Städten werde die Verkehrsplanung bereits mit Software verbessert, etwa mit einem „digitalen Zwilling“, der genaue Vorausberechnungen der Folgen bestimmter Maßnahmen erlaube. „Wir haben Start-ups in der Stadt, die das können“, sagt Andresen.

Auch Björn Fromm, Präsident des Handelsverbandes Berlin-Brandenburg, kritisiert die Verkehrssenatorin. Jarasch habe die Straße „ohne Rücksprache und ohne Konzept“ gesperrt. Die Gegner dieser Maßnahme würden politisch in ein falsches Licht gerückt. „Unsere Forderung ist nicht: Rettet die Autos“, sagt er.

Es gehe vielmehr um eine gemeinsame Lösung. Doch an der sei die Grüne-Politikerin nicht interessiert. Über Bedenken und Forderungen von Anrainern habe sich Jarasch einfach hinweggesetzt. „Wer die historische Mitte Berlins derart zerstören will, sollte sich vielleicht eine andere Aufgabe suchen“, meint Fromm.

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