zum Hauptinhalt
Berlin, schau an. Am heutigen Freitag wird der Film „Wolverine“ gezeigt, ab 21 Uhr.

© Vinzenz Greiner

Autokino hinter dem Alexa: Kieken und Knutschen im Trabi

Autokinos sind eigentlich mythische Orte aus amerikanischen Filmen. Doch hinterm Alexa gibt es auch heute eines. Wer mag, kann sogar im Trabi gucken.

Ihre Blicke streifen an den Cabrios entlang, die in der ersten Reihe vor der großen Leinwand im Abendlicht blitzen. Für ihr erstes Autokino-Erlebnis müssen Charlott Böttcher und Julian Witte, beide 23, mit ihrem Kleinwagen vorlieb nehmen, der einige Reihen weiter hinten steht. Vorn ist alles belegt, da stehen die Autos des Gastgebers.

Der Ingolstädter Autokonzern Audi hat hier auf der großen Brache zwischen dem Einkaufscenter Alexa und dem S-Bahnhof Jannowitzbrücke die Leinwand aufgehängt; „Audi Urban Cinema“ heißt die Veranstaltung direkt neben der S-Bahntrasse, von der an diesen Abenden all die Fahrgäste etwas irritiert herabgucken. Ein Autokino? So was gibt’s noch?

Selten, ganz selten. In Wedding befindet sich das „Autokino auf dem Festplatzgelände“. Drei Filme laufen dort derzeit, der letzte - „X-Men“ – erst um 1.55 Uhr. Der Ort ist recht speziell, weil sich nur ein paar Meter entfernt der Flughafen Tegel befindet. Und in Brandenburg lässt sich auf die Schnelle auch ein bekannteres Kino finden, bei Neuruppin.

Popcorn und Eis auf Ledersitzen

Das temporäre Autokino hier in Mitte hat natürlich noch einen anderen Sinn: Die Leute sollen die Wagen des Gastgebers toll finden. Der hat die Plätze in den gut 30 Neuwagen ganz vorn verlost oder an Filmliebhaber verteilt, die im Vorfeld ihr jetziges Fabrikat verraten haben. Die durften mal in einem Audi-Pendant Probe sitzen. So viel zur Konzerntaktik.

Franziska Maier und Desiré Müller sind Studentinnen, sie sitzen in einem A3-Cabrio. Sie haben die beiden Plätze im Radio gewonnen. Desiré Müller ist erst einmal in ihrem Leben in einem Autokino gewesen. „Auf Rügen war das“, sagt sie, „aber ohne Auto, sondern auf einer Decke“. Franziska Maier, die gerade damit beschäftigt ist, ihren Sitz in Position zu bringen, ist es das erste Mal. Die Filmmusik dringt schon aus dem Autoradio.

Im vergangenen Jahr hat das Autokino des Konzerns noch im Osthafen stattgefunden. Da man in diesem Jahr mit deutlich mehr Besuchern rechnet, hat man die Veranstaltung nach Mitte verlegt; im Vorprogramm der Kinostreifen laufen Berliner Kurzfilme.

Alexander Schuhmacher ist der Vertriebschef für die Region, er selbst kenne Autokinos noch aus seiner Jugend. Autokinos finden heutzutage selbst eher auf der Leinwand statt, wo sie der Ort in US-Filmen sind, an dem Pärchen im Wagen knutschen und dabei aus Versehen eine Limonade über den Sitz des elterlichen Autos kippen. Sollte das hier am Alex mit Popcorn und Eis passieren, stehen Putzkräften bereit. Vor dem Film putzen sie noch einmal die Scheiben der Audis.

Audi und Trabi - alte Geschwister

Es dürfen nicht nur Kunden des Fahrzeugherstellers hier einen Film gucken, sondern auch alle anderen – und auch ohne Auto. Es gibt eine spezielle Lounge mit Sitzsäcken. Der Eintritt ist am heutigen Donnerstag („Ziemlich beste Freunde“) und auch am morgigen Freitag frei; da wird der Film „Wolverine“ gezeigt um 21 Uhr – auch wenn es da noch ziemlich hell ist.

Nicolas Winkel und seine beiden Kumpels haben ein anderes Problem. Sie verleihen hier auf dem Feld Trabis und haben mit Audi abgemacht, ein paar der DDR-Wagen fürs Autokino nutzen zu dürfen. „Wir mussten allerdings Küchenradios kaufen“, sagen sie. „Damit haben wir den Wert des Trabis verdoppelt“. Der trifft hier auf einen Verwandten. Denn Audi wie Trabant haben ihre Wurzeln in der Autounion Chemnitz. Während sich Audi 1948 in Ingolstadt neu gegründet hat, entstand aus den zwangsenteigneten Resten der Trabant-Produzent VEB Sachsenring. „Der Trabi ist so zu sagen der Vorläufer des Audi R8“, sagt Winkel und lacht. Popcorn und Eiscreme kann man in beiden essen - aber auf den Sitz aufpassen!

Vinzenz Greiner

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false