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Berlin: Autos in der Unterwelt

Neben der Staatsoper, unter dem Bebelplatz, ist eine Tiefgarage entstanden. Heute wird sie eröffnet

Auffallend ist vor allem eines tief unter dem Bebelplatz: Es ist sehr licht, fast weiß auf den zwei Etagen. Die Fahrbahnen, fast alle Wände und die Decken sind hell, nur die nummerierten Parkflächen dunkel getönt. Die weißen Betonpfeiler wirken wie von Designerhand geformt. Es sieht so aus, als könnten Autos in diesem Ambiente nur stören. Vor einer langen roten Wand stehen rote Sofas und kleine Partytische. An ihnen werden heute die Premierengäste anstoßen: Aufs Wohl der neuen, hellen Tiefgarage und ihrer 462 Stellplätze. Aufs Wohl der oberirdischen Umgebung, die ein wenig von Autos befreit wird.

Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD) und Peter Mussbach, der Intendant der Staatsoper, wollen kommen, Mittes Bezirksbürgermeister Joachim Zeller (CDU) und natürlich die privaten Investoren, Wöhr + Bauer und Q-Park. Frühestens nachmittags, wenn die letzten Gäste gegangen, die Gläser abgeräumt sind, dürften dann auch die ersten Autos einfahren. Offiziell geöffnet wird am Donnerstag. Eine Stunde ein Euro. Noch parken auf der Straßenmitte zwischen Bebelplatz und Humboldt-Uni Dutzende von Autos. Die Verkehrsverwaltung möchte hier „demnächst“ ein Parkverbot veranlassen, weil sie im Frühjahr diesen Lindenbereich umgestalten will. Die Gehwege sollen breiter, der Mittelstreifen schmaler werden. Auf 2,7 Millionen Euro werden die Kosten dafür geschätzt. Auf dem „Forum Fridericianum“, das weitgehend historisch wiederhergestellt werden soll, stören den Senat parkende Autos. Aber unten sind die Autofahrer den privaten Investoren hochwillkommen: Beide Seiten loben ihr Modell der Public Private Partnership. Entwickelt und gebaut wurde die Tiefgarage von der Firma Wöhr + Bauer, Investor und Betreiber des 20-Millionen-Baus ist die Q-Park GmbH.

Rund 18 Monate dauerten die Arbeiten, der ganze Bebelplatz wurde – bis auf das in den Boden eingelassene Mahnmal der Bücherverbrennung – zur Baugrube. Wegen des Mahnmals war das Projekt zunächst umstritten. Auch fürchteten die Nachbarn – die Humboldt-Uni in der Kaiserlichen Bibliothek („Kommode“) und die Staatsoper – um ihre historische Bausubstanz. Aber die Bauleute zerstreuten alle Sorgen. Und sie versicherten, die tiefe Grube lasse sich auch um das Mahnmal herum graben. Und nun ist diese Grube mit einem Parkhaus gefüllt, das sich auf dem Bebelplatz selbst nur dezent bemerkbar macht: An der Linden- und Opernseite wurde ein Zugang für Passanten angelegt, an der hinteren Behrenstraße weist ein gläserner Aufzugsschacht auf das Parkhaus hin. Die zwei Einfahrten liegen an der Behrenstraße: Die eine wirkt schmal und ist direkt an die Rückfront der Oper gesetzt worden, Ecke Hinter der Katholischen Kirche. Hier könnte es, vermuten Passanten, eng werden, vor allem, wenn die Oper ihre Kulissen transportiert. Die andere Einfahrt liegt, kombiniert mit der zentralen Ausfahrt, in Höhe der Markgrafenstraße.

Unten ist nicht nur für Autos gesorgt. Es gibt eine Auskunfts- und Kassenstation und Toiletten. Und oben muss noch viel Erde bewegt und viel gepflastert werden, damit die Gruben-Wunde nicht mehr zu ahnen ist. Eingezäunt und abgedeckt ist auch das Mahnmal. Als einsamer Sockel ragt es aus dem Sand der Baustelle.

Christian van Lessen

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