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Bahn weist Kritik zurück: Elfjähriger ohne Fahrschein des Zuges verwiesen

Es fehlten 6,30 Euro, und so endete für einen Elfjährigen eine Zugfahrt vorzeitig. 50 Kilometer vor dem Ziel verwies ihn eine Schaffnerin des Zuges. Dennoch weist die Bahn Vorwürfe zurück - denn der Junge musste nicht alleine aussteigen.

Über Twitter macht sich eine Mutter aus Brandenburg Luft: Anke D. kann es nicht fassen, dass ihr elf Jahre alter Sohn Jacob gerade aus einem Regionalzug der Deutschen Bahn geschmissen worden ist. „ALLEIN, weil er kein Fahrgeld dabei hatte!“, twittert sie am Montagnachmittag. „Ich finde keine Worte dafür“, sagte die Frau anschließend. Eine Schaffnerin habe ihrem Sohn die Weiterfahrt verboten, weil ihm 6,30 Euro für ein regionales Anschlussticket fehlten.

„Er hat mich sogar im Beisein der Schaffnerin angerufen und wir haben ihr angeboten, dass ich mit dem Geld am Bahnsteig auf ihn warte, aber sie ging nicht darauf ein. Stattdessen haben sie ihn sogar eingesperrt.“ Die Zugfahrt des Jungen begann laut der Mutter an der Berliner Haltestelle Gesundbrunnen. Sie sollte in Richtung Norden führen, doch 50 Kilometer vor dem Ziel war am Bahnhof Oranienburg die Reise für den Elfjährigen beendet.

Der Junge sei in die Obhut eines Bundespolizisten gegeben worden, der zufällig im selben Zug unterwegs gewesen sei, sagt ein Sprecher der Bundespolizei auf Anfrage. Es könne keine Rede davon sein, dass das Kind ausgesetzt worden sei. Der Junge sei zu einem Polizeistandort in der Nähe des Bahnhofs Oranienburg gebracht worden. Die Bundespolizei habe sich mit den Eltern über die Abholung des Jungen verständigt.

Eine Sprecherin der Bahn verteidigt das Vorgehen der Schaffnerin. „Das ist korrekt gelaufen“, sagt sie auf Anfrage. „Wir haben eine Fürsorgepflicht und die nehmen unsere Kundenbetreuer wahr.“ Warum die Schaffnerin nicht auf den Vorschlag der Mutter eingegangen sei, das Kind am Zielbahnhof in die Obhut der Eltern zu geben, wollte die Sprecherin nicht weiter kommentieren. Es handele sich hier um Spekulationen. Man müsse nun „nachbereiten, ob eine andere Möglichkeit bestanden“ hätte, mit dem Vorfall umzugehen.

Ihr Mann habe sich extra bei Nachbarn ein Auto geliehen, um den Sohn abzuholen, sagt Anke D. Große Sorgen mache sie sich um die Verfassung ihres Kindes. „Ich konnte am Telefon gar kein Gespräch mit ihm führen - er war komplett fertig.“ Als ihr Mann ihn abgeholt habe, habe er geweint, sagt sie. „Er muss sich wie ein abgeführter Verbrecher gefühlt haben.“ In der Vergangenheit hatte die Bahn wiederholt negative Schlagzeilen gemacht, weil Zugbegleiter Jugendliche oder Kinder ohne Fahrschein des Zuges verwiesen hatten. 2010 hatte eine Schaffnerin in Königs Wusterhausen abends bei klirrender Kälte eine 16-Jährige aus dem Zug geworfen, weil das Mädchen nicht genügend Fahrgeld dabei hatte. (dapd)

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